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EU-Aktionsplan für ein nachhaltiges Finanzwesen

Von 14. Juni 2018Juli 23rd, 2020Keine Kommentare

Die EU-Kommission hat am 8.3.2018 einen Aktionsplan für ein nachhaltiges Finanzsystem vorgelegt. Hintergrund ist, dass sich die EU und Regierungen weltweit mit der Unterzeichnung des Pariser Klimaschutzübereinkommens und der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zum Ziel einer nachhaltigeren Wirtschaft und Gesellschaft bekannt haben.

Der Aktionspreisplan sieht die Festlegung einer gemeinsamen Sprachregelung für das nachhaltige Finanzwesen vor, so dass alle beteiligten Unternehmen darunter dasselbe verstehen. Es soll ein EU-Kennzeichen für „grüne“ Finanzprodukte entstehen, so dass Investoren leicht erkennen können, welche Investitionen den Kriterien der Umweltfreundlichkeit oder Emissionsarmut genügen.
Vermögensverwaltern und institutionellen Anlegern soll die Pflicht auferlegt werden, das Kriterium der Nachhaltigkeit bei den Investitionsabläufen zu berücksichtigen, zudem sind weitere Offenlegungspflichten vorgesehen.
Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen sollen ihre Kunden entsprechend ihren Nachhaltigkeitspräferenzen beraten.
Die Machbarkeit einer erneuten Feinabstimmung der Kapitalanforderungen von Banken für nachhaltige Investitionen (den so genannten „green supporting factor“) soll von der Kommission geprüft werden.
Die Leitlinien für nichtfinanzielle Informationen in Unternehmensbilanzen sollen stärker an die Empfehlungen der Task Force „Klimabezogene Finanzinformationen“ (TCFD) des Finanzstabilitätsrats angeglichen werden.

Auffallend ist, dass die EU-Kommission dem Begriff „Nachhaltigkeit“ überwiegend unter ökologischen Aspekten begreift. Es wird erneut sichtbar, dass der Begriff der Nachhaltigkeit keine eindeutige Bedeutung hat. Soziale, gesellschaftliche und ökonomische Gesichtspunkte, die häufig ebenfalls Elemente von Nachhaltigkeit sind, werden bei der Initiative nicht in gleichem Maße berücksichtigt.

Am 24.5.2018 legte die Kommission Maßnahmen zur Konkretisierung des Aktionsplans vor, die erkennen lassen, welche Pflichten auf die Finanzindustrie zukommen, hier die Kernpunkte:

1. Einheitliches EU-Klassifikationssystem („Taxonomie“)

  • Anhand von harmonisierten Kriterien lässt sich bestimmen, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit ökologisch nachhaltig ist.
  • Die Kommission wird in mehreren Schritten festlegen, welche Tätigkeiten als „nachhaltig“ zu betrachten sind. Dabei wird sie von einer Sachverständigengruppe beraten.
  • Ziel ist es, dass Wirtschaftsakteure und Investoren Gewissheit darüber erlangen, welche Tätigkeiten als nachhaltig gelten, sodass sie fundiertere Investitionsentscheidungen treffen können.
  • Die Arbeiten können als Grundlage für die künftige Einführung von Normen und Kennzeichen für nachhaltige Finanzprodukte dienen, wie sie der Aktionsplan vorsieht.

2. Investorenpflichten

  • Eine Verordnung soll regeln, wie institutionelle Anleger (Vermögensverwalter, Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds, Anlageberater) die Faktoren Umwelt, Soziales und Governance (sog. ESG-Faktoren) in ihren Investitionsentscheidungsprozessen zu berücksichtigen haben.
  • Vermögensverwalter und institutionelle Anleger müssen künftig nachweisen, inwieweit ihre Investitionen an ESG-Zielen ausgerichtet sind, und offenlegen, in welcher Weise sie ihren Pflichten nachkommen.

3. Referenzwerte für geringe CO2-Emissionen

  • Einführung einer neuen Kategorie von Referenzwerten, die einen Referenzwert für geringe CO2-Emissionen („Dekarbonisierungsvariante“ von Standardindizes) sowie einen Referenzwert für positive CO2-Effekte umfasst.
  • Der neue Marktstandard soll den CO2-Fußabdruck von Unternehmen widerspiegeln und für eine bessere Information von Anlegern über den CO2-Fußabdruck eines Investitionsportfolios sorgen.
  • Der Referenzwert für positive CO2-Effekte soll es ermöglichen, ein Investitionsportfolio besser an dem im Übereinkommen von Paris festgelegten Ziel der Begrenzung der Erderwärmung auf weniger als 2°C auszurichten.

4. Bessere Kundenberatung in Sachen Nachhaltigkeit

  • Die Kommission hat eine Konsultation eingeleitet, um zu eruieren, wie sich ESG-Aspekte am besten in die Beratung von Privatkunden durch Wertpapierfirmen und Versicherungsvertreiber integrieren lassen.
  • Ziel der Konsultation ist die Änderung delegierter Rechtsakte MiFID 2 und zur Versicherungsvertriebsrichtlinie.
  • Bei der Beurteilung, ob ein Anlageprodukt den Kundenbedürfnissen entspricht, sollten die betreffenden Unternehmen nach den vorgeschlagenen Vorschriften außerdem die Nachhaltigkeitspräferenzen der jeweiligen Kunden berücksichtigen. Auf diese Weise dürfte ein breiteres Spektrum von Anlegern Zugang zu nachhaltigen Anlagen erhalten.

Die von der EU-Kommission vorgesehenen Änderungen werden im Wertpapierbereich voraussichtlich über die Änderung der delegierten Rechtsakte zur MiFID 2 eingeführt. Vermutlich wird in der Folge eine Anpassung der WpDVerOV erforderlich werden.

Zu erwarten ist, dass im Bereich des Product Governance sowohl Produktgeber als auch Vertriebe betroffen sein werden. Die Wohlverhaltenspflichten werden sich ändern, unter anderem Aufklärungspflichten, die Geeignetheitsprüfung, Offenlegungs- und Reportingpflichten.

Sie haben Fragen oder Anmerkungen? Bitte kontaktieren Sie uns. Ansprechpartner sind alle Anwälte der Kanzlei; Verfasser dieses Beitrags ist RA Thomas Elster.