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Entwurf der BaFin von Leitlinien für nachhaltige Investmentvermögen

Von 22. Mai 2021Juni 2nd, 2021Keine Kommentare

Die BaFin hat einen Entwurf von Leitlinien für nachhaltige Investmentvermögen vorgelegt, der die Ausgestaltung der Anlagebedingungen inländischer nachhaltiger Publikums-Investment-vermögen zum Gegenstand hat.

Die Umsetzung des europäischen Aktionsplans für ein nachhaltiges Finanzwesen, siehe unsere Meldung vom 23.11.2020, nimmt immer weiter Fahrt auf.

Eine für die Marktteilnehmer schier unüberschaubare Vielzahl von Neuregelungen in der europäischen und deutschen Rechtsetzung wird gleichzeitig abgestimmt, fortentwickelt und tritt nach und nach in Kraft.

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien die wichtigsten Regelungen genannt, die sich ausschließlich auf die rechtliche Umsetzung des Nachhaltigkeitsbeitrags der Finanzdienstleistungsbranche beziehen oder am Rande Regelungen hierzu treffen:

  • die europäische Offenlegungsverordnung (EU) 2019/2088 samt technischer Regulierungsstandards (RTS)
  • die europäische Taxonomieverordnung (EU) 2020/852 samt technischer Regulierungs-standards (RTS)
  • Delegierte Verordnung zur Änderung der Delegierten Verordnung zur MiFID 2 (EU) 2017/565
  • Delegierte Verordnung zur Änderung der Delegierten Richtlinie zur MiFID 2 (EU) 2017/593
  • deutscher Gesetzentwurf zum Fondsstandortgesetz (FoStoG), am 23.4.2021 vom Bundestag verabschiedet, ändert mit Art. 7 auch das WpHG

Zu all diesen Regelungen sollen jetzt noch die Leitlinien für nachhaltige Investmentvermögen hinzu treten, mit denen die BaFin die Gefahr des „Greenwashings“ beim Vertrieb von als nachhaltig bezeichneten Investmentvermögen begegnen möchte. 

Investmentvermögen, die gegenüber dem Anleger als nachhaltig bezeichnet werden, sollen danach auch über entsprechende verbindliche Vorgaben in ihren Anlagerichtlinien verfügen, hierdurch soll eine Irreführung der Anleger vermieden werden. 

Weder darf die Bezeichnung eines Investmentvermögens irreführen (§ 4 Abs. 1 KAGB), noch darf die Werbung für Fondsprodukte irreführend sein (§ 302 Abs. 1 S. 2 KAGB). Die Bundesanstalt macht von der Befugnis nach § 4 Abs. 2 KAGB Gebrauch zu regeln, welche Vorgaben bestimmte Fondskategorien erfüllen müssen.

Die Richtlinie bezieht sich einerseits auf Fonds mit Namensbestandteilen wie „ESG“, „nachhaltig“, „sustainable“ oder „green“, andererseits aber auch auf Investmentvermögen, die gegenüber Anlegern als nachhaltig dargestellt werden, etwa in Marketingunterlagen. Nachhaltigkeitsgesichtspunkte müssen jedoch das bestimmende Merkmal bei der Verwaltung des Investmentvermögens sein, damit die Leitlinie zur Anwendung kommt. Wenn bei einem Investment-vermögen nachhaltige Merkmale lediglich neben anderen Aspekten gefördert oder beworben werden, liegt kein nachhaltiges Investmentvermögen im Sinne der Leitlinien für nachhaltige Investmentvermögen vor.

Das wesentliche Anliegen der Richtlinie ist, wenn ein Investmentvermögen als nachhaltiges Investmentvermögen aufgelegt wird, sich dies nicht nur in dessen Verkaufsunterlagen, sondern auch in den Anlagebedingungen wider-spiegeln muss.

Dies kann nach den Leitlinien durch die Aufnahme der Regelung in den Anlagegrenzen erfolgen, dass das Investment-vermögen zumindest 90 % in nachhaltige Vermögensgegenstände investiert sein muss. Alternativ kann in den Anlage-bedingungen deutlich gemacht werden, dass bei mindestens 90 % des Investmentvermögens Nachhaltigkeitsgesichts-punkte und -faktoren bei der Auswahl der Vermögensgegenstände entscheidend sein müssen. 

Soweit in den Anlagebedingungen ein nachhaltiger Index in Bezug genommen wird, so sind nähere Ausführungen zum Nachhaltigkeitscharakter des Indexes gefordert, ein bloßer Verweis reicht nicht aus. 

Anbieter von deutschen nachhaltigen Publikums-Investmentvermögen müssen die Vorgaben der Leitlinien neben den Vorgaben der Offenlegung-VO und den zugehörigen RTS berücksichtigen. Dabei treffen die Leitlinien keine Aussage darüber, in welchen Fällen Investmentvermögen in Art. 8 oder Art. 9 der Offenlegungs-VO einzuordnen sind, da die Offenlegungs-VO höherrangiges Europarecht darstellt. 

Der deutsche Alleingang der BaFin, solche Leitlinien vorzuschreiben, wird in der Branche kritisch gesehen. Ohne weiteres kann die Neuauflage nachhaltiger Fonds an andere EU-Standorte wie Luxemburg oder Irland verlagert werden. Diese Fonds können dann wiederum in Deutschland vermarktet werden.