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WpIG: Neues Aufsichtsregime für Wertpapierinstitute gilt ab dem 26.6.2021

Von 3. Februar 2021Februar 6th, 2021Keine Kommentare

Der Regierungsentwurf zum Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG) setzt die EU-Richtlinie über die Beaufsichtigung von Wertpapierinstitute (IFD) in deutsches Recht um. Daneben gilt flankierend die EU-Verordnung über die Aufsichtsanforderungen an Wertpapierinstitute (IFR) direkt. Das Nebeneinander des deutschen Umsetzungsgesetzes und der direkt geltenden europäischen Verordnung ist in der Gesetzgebung mittlerweile üblich.

Der Referentenentwurf sprach noch vom Wertpapierfirmengesetz (WpFG). Den Begriff des Wertpapierinstituts, den der Regierungsentwurf prägt, kennt weder die MiFID noch die delegierte Verordnung (EU) 2017/565. Die Definition des Wertpapierinstituts nach § 2 Abs. 1 WpIG-RegE lautet:

„Als Wertpapierinstitut gilt jedes Unternehmen, das gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Wertpapierdienstleistungen alleine oder zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen oder Nebengeschäften erbringt.“

Ziel ist die Schaffung eines eigenen risikoadäquaten Aufsichtsregimes für Wertpapierinstitute. Die bisher geltenden Regelungen des KWG und der CRR, sind am Geschäftsmodell von Banken ausgerichtet, was als unpassend für kleinere Marktteilnehmer angesehen wird und diese überoptional belastet.

Einteilung der Wertpapierinstitute

Proportional zur Größe der Wertpapierinstitute werden unterschiedliche Anforderungen aufgestellt. Im Ergebnis werden im WpIG-RegE drei Größenklassen für Wertpapierinstitute gebildet, nämlich große, mittlere und kleine Wertpapierinstitute.

Große Wertpapierinstitute

Große Wertpapierinstitute haben grundsätzlich allein oder in der Gruppe eine Bilanzsumme von mindestens Eur 15 Mrd.. Darüber hinaus kann die BaFin die Eingruppierung bei Systemrelevanz schon ab einer Bilanzsumme von EUR 5 Mrd. anordnen. Institute könne u.U. auch selbst den Antrag auf die Eingruppierung stellen.

Kleine Wertpapierinstitute

Kleine und nicht verflochtene Wertpapierinstitute, die insbesondere eine Bilanzsumme von weniger als Eur 100 Mio. haben. Zusätzlich erfüllen sie weitere Voraussetzungen der IFR, die sich z.B. auf das Volumen der assets under management oder gehaltene Kundengelder beziehen, etwa:

  • Verwaltung von Vermögenswerten weniger als Eur 1,2 Mrd.
  • tägliche Bearbeitung von Kundenaufträgen weniger EUR 100 Mio. für Kassa- oder unter EUR 1 Mrd.  für Derivategeschäfte.
  • jährlichen Bruttogesamteinkünfte aus Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten der Wertpapierinstitute betragen weniger als EUR 30 Mio.

Mittlere Wertpapierinstitute

Mittlere Wertpapierinstitute sind solche, die weder als kleine noch als große Wertpapierinstitute klassifizieren.

Differenzierung

Auf große Wertpapierinstitute finden die Regelungen des WpIG und der IFR überwiegend keine Anwendung. Sie werden wie Kreditinstitute behandelt und unterliegen weiterhin der Regulierung nach der CRR und KWG.

Mittleren und kleinen Wertpapierinstitute werden aus dem KWG-Regime ganz herausgelöst, künftig gelten das WpIG und die IFR.

Wesentlicher Inhalt des Gesetzesentwurfs

Das WpIG-RegE enthält proportional zur Größe und Bedeutung der Wertpapierinstitute im Wesentlichen:

  • Anforderungen an das Anfangskapital,
  • Anforderungen an die Geschäftsorganisation und bestimmte Anzeigepflichten,
  • Aufsichtsbefugnisse der zuständigen Aufsichtsbehörden, insbesondere im Hinblick auf die Solvenz der Wertpapierinstitute sowie die Eigenkapital- und Liquiditätsan-forderungen,
  • Maßstäbe zur Beurteilung der Angemessenheit der internen Kapitalanforderungen,
  • Anforderung an den Vorstand und die Aufsichtsgremien der Wertpapierinstitute im Hinblick auf die interne Unternehmensführung,
  • Regelungen zur Vergütungspolitik gegenüber bestimmten Kategorien von Mitarbeitern der Wertpapierinstitute.

Eigenmittelanforderungen

Ein maßgeblicher Punkt der Neuregelungen sind die vorgesehenen Eigenmittelanforderungen, die je nach der Größe der Wertpapierinstitute differenziert werden. Für große Wertpapierinstitute ergibt sich aus dem WpIG-RegE keine Änderungen zum Status quo.

Mittlere Wertpapierinstitute

Die Eigenmittelanforderungen bestimmen sich nach dem höheren der folgenden Werte:

  • Anfangskapital von (je nach Tätigkeit) TEUR 75, TEUR 150 oder TEUR 750 – somit Erhöhung der Beträge, die bisherigen Betragsabstufungen des Anfangskapitals betragen TEUR 50, TEUR 125 und TEUR 730
  • Ein Viertel der fixen Gemeinkosten des Vorjahres (sog. Fixed Overheads Requirements, die FOR-Anforderungen)
  • Neu: Einführung eines „K-Faktors“, der nach Kapitalanforderungen für Risiken, die von dem Wertpapierinstitut im Hinblick auf Kunden, Märkte und die Firma selbst ausgehen, berechnet wird. Die Berechnung selbst scheint eine Wissenschaft für sich zu sein. Die Komplexität der Berechnung wird deutlich, betrachtet man allein die Parameter für die Ermittlung der K-Faktoren:
K-FaktorenK-FaktorKapitalanforderungen für …
KundenrisikenK-AUM… das verwaltete Vermögen
 K-COH… bearbeitete Kundenaufträge
 K-ASA… verwahrte und verwaltete Vermögenswerte
 K-CMH… gehaltene Kundengelder
MarktrisikenK-NPR… das Nettopositionsrisiko des Handelsbuchs
 K-CMG… geleistete Marginzahlungen
FirmenrisikenK-TCD… Handelsgegenparteiausfallrisiken im Handelsbuch
 K-DTF… den täglichen Handelsstrom
 K-Con… das Konzentrationsrisiko

Kleine Wertpapierinstitute

Für kleine Wertpapierinstitute erfolgt die Berechnung der Eigenmittelanforderungen wie bei mittleren Wertpapierinstitute, nur ohne die Regelungen zum „K-Faktor“. Das stellt eine erhebliche Entlastung dar.

Liquiditätsanforderungen für mittlere und kleine Wertpapierinstitute

Mittlere und kleine Wertpapierinstitute müssen künftig liquide Aktiva von mindestens einem Zwölftel der jährlichen fixen Gemeinkosten halten. Kleine Wertpapierinstitute können u.U. durch die Aufsicht von dieser Anforderung befreit werden.

Inkrafttreten / Handlungsbedarf / Übergangsvorschriften

Finanzdienstleister sind umfassend von den regulatorischen Neuerungen betroffen, die in einem halben Jahr bereits gelten. Die Wertpapierinstituten haben sich in eine der drei Klassen einzuordnen und sollten verbleibende Zeit nutzen, um die neuen Anforderungen rechtzeitig umzusetzen. So umfasst das neu gestaltete Meldewesen für Wertpapierinstitute über 20 Meldebögen, die sich überwiegend auf die Meldung von K-Faktoren und Konzentrationsrisiken beziehen.

Die Anwendung des neuen Regelwerks erfolgt ab dem 26. 6.2021. Der erste Meldestichtag ist bereits der 30. 6.2021.

Bestehende Wertpapierinstitute mit einer Erlaubnis nach § 32 KWG müssen keine neue Erlaubnis nach § 15 WpIG beantragen, eine Umschreibung der bisherigen Erlaubnis ist auch nicht erforderlich. Bereits gestellte Erlaubnisanträge werden nach Inkrafttreten des WpIG als Anträge nach § 15 WpIG behandelt.