Der Entwurf des Kapitalanlagegesetzbuchs sieht für geschlossene Publikumsinvestmentvermögen besondere Vorgaben vor, die sich mit der konkreten Ausgestaltung solcher Anlageformen für Privatinvestoren befassen.
1. Begriffliche Einordnung
Das KAGB-E unterscheidet zunächst zwischen Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere (OGAW) und Alternative Investmentfonds (AIF). Im Bereich der AIF wird zwischen Spezial-AIF, deren Anteile ausschließlich von professionellen Anlegern gehalten werden dürfen, und Publikums-AIF unterschieden, die von allen Anlegern, also auch Privatinvestoren, gehalten werden dürfen, § 1 Abs. 11 KAGB-E. Die nachfolgende Darstellung beschränkt sich auf die für geschlossene Publikums-AIF geltenden Besonderheiten.
2. Anforderungen an geschlossene Publikums-AIF
2.1. Zulässige Rechtsform
Nach dem KAGB-E dürfen geschlossene Publikums-AIF nur in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft betrieben werden. Damit werden künftig Beteiligungsmodelle für Privatanleger z.B. in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht mehr möglich sein.
2.2. Firma
Die Firma geschlossener Publikums-AIFs muss die Bezeichnung „geschlossene Investmentkommanditgesellschaft“ oder eine allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung enthalten.
2.3. Jahresbericht, Abschlussprüfung und Liquidation
Geschlossene Publikumsinvestmentkommanditgesellschaften haben jährlich, spätestens vier Monate nach Ende des Geschäftsjahres einen Jahresbericht, bestehend aus einem geprüften Jahresabschluss, einem geprüften Lagebericht, einer Erklärung gemäß § 264 Abs. 2 S. 3, § 289 Abs. 1 S. 5 HGB, Angaben nach §§ 97 Abs. 2, 144 Abs. 2 KAGB-E sowie einer Bestätigung des Abschlussprüfers, zu erstellen. Der Bericht über die Abschlussprüfung ist unverzüglich nach Beendigung der Prüfung bei der BaFin einzureichen. Der Abschlussprüfer hat zusätzlich festzustellen, ob die Publikumsinvestmentkommanditgesellschaft die Bestimmungen eines etwaigen Treuhandverhältnisses beachtet hat. Der Jahresbericht ist spätestens vier Monate nach Ende des Geschäftsjahres offenzulegen und muss dem Publikum an den im Verkaufsprospekt angegebenen Stellen zugänglich sein. Der Jahresbericht ist unverzüglich nach seiner Feststellung bei der BaFin einzureichen.
Die Liquidation erfolgt grundsätzlich durch die Verwahrstelle als Liquidator, es sei denn, die Gesellschafter beschließen die Bestellung eines anderen Liquidators, § 157 Abs. 2 KAGB-E.
2.4. Unternehmensgegenstand und Gesellschaftsvertrag
Unternehmensgegenstand geschlossener Publikums-AIF darf ausschließlich die Anlage und Verwaltung ihrer Mittel nach einer festgelegten Anlagestrategie zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage nach den Vorgaben der §§ 225 ff. KAGB-E (vgl. hierzu unten) zum Nutzen der Anleger sein. Der Gesellschaftsvertrag muss vorsehen, dass Ladungen zu Gesellschafterversammlungen nur schriftlich unter vollständiger Angabe der Beschlussgegenstände erfolgen dürfen und dass über die Ergebnisse der Gesellschafterversammlung ein schriftliches Protokoll anzufertigen ist, das den Anlegern zu übersenden ist. Der Gesellschaftsvertrag eines geschlossenen Publikums-AIF muss in Schriftform abgefasst sein.
2.5. Anlagebedingungen
Neben dem Gesellschaftsvertrag sind so genannte Anlagebedingungen zu erstellen. Die Anlagebedingungen regeln das Rechtsverhältnis der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu den Anlegern und sind schriftlich vor Ausgabe der Anteile festzuhalten.
Die Anlagebedingungen müssen unter anderem folgende Angaben und Vorgaben enthalten:
- Bezeichnung des geschlossenen Publikums-AIF
- Name und Sitz der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft
- Angaben zur Art und Weise und Stichtagen, an denen der Jahresbericht und der Halbjahresbericht über die Entwicklung des Investmentvermögens und seine Zusammensetzung erstattet und zugänglich gemacht werden
- Angabe, welche Vermögensgegenstände in welchem Umfang für den geschlossenen Publikums-AIF erworben werden
- Voraussetzungen, Bedingungen und Stellen für die Rücknahme und den Umtausch von Anteilen und Voraussetzungen für die Aussetzung der Rücknahme und des Umtausches von Anteilen
- Darstellung des Ertragsausgleichsverfahrens
- Zeitpunkt und Verfahren der Abwicklung und Verteilung an die Anleger bei nur für eine begrenzte Dauer gebildeten Investmentvermögen
- Möglichkeit und Voraussetzungen der Ausgabe von Anteilen mit unterschiedlichen Rechten
- Möglichkeit und Voraussetzungen der Aufnahme von und durch andere Investmentvermögen
- Darstellung der Methode, Höhe und Grundlage der Berechnung der Vergütungen und Aufwendungserstattungen die aus dem Investmentvermögen an die Verwaltungsgesellschaft, die Verwahrstelle und Dritte zu leisten sind
- Verbot der Ausschüttung von Erträgen des geschlossenen Publikums-AIF soweit sie für künftige Instandsetzungen von Vermögensgegenständen des geschlossenen Publikums-AIF erforderlich sind. Mindestens 50% der Erträge des geschlossenen Publikums-AIF müssen ausgeschüttet werden, sofern sie nicht für künftige Instandsetzungen einzubehalten sind (Gewinne aus Veräußerungsgeschäften zählen hierzu nicht)
- Angabe von Staaten und des jeweiligen Anteils des geschlossenen Publikums-AIF, der in diesen Staaten höchstens angelegt werden darf
Die Anlagebedingungen sowie Änderungen der Anlagebedingungen müssen von der BaFin genehmigt werden, § 231 Abs. 1 KAGB-E. Eine Änderung von Anlagebedingungen, die zu einer Änderung der Kosten oder der wesentlichen Anlegerrechte führt, ist nur mit Zustimmung aller betroffenen Anleger möglich. Bei Treuhandmodellen bedarf der Treuhänder seinerseits einer Zustimmung aller Treugeber.
2.6. Ausschüttungen/Einlagenrückgewähr
Gemäß § 148 Abs. 2 KAGB-E soll künftig eine Rückgewähr der geleisteten Kommanditeinlage oder eine Ausschüttung, die den Wert der Kommanditeinlage unter den Betrag der geleisteten Kommanditeinlage herabmindert, nur mit Zustimmung des betroffenen Anlegers erfolgen. Der Anleger ist vor Erteilung seiner Zustimmung darauf hinzuweisen, dass er in Höhe der Differenz zwischen der eingetragenen Hafteinlage und der Rückgewähr oder Ausschüttung unmittelbar haftet.
Nach Leistung der Einlage durch den Anleger erlischt der Anspruch der Investmentkommanditgesellschaft auf Leistung der Einlage. Anleger können auch nicht verpflichtet werden, entstandene Verluste auszugleichen oder Nachschüsse zu leisten.
2.7. Geschäftsführung, Aufsichtsrat
Die Geschäftsführung der Investmentkommanditgesellschaft (unerheblich ob intern oder extern verwaltet) muss aus mindestens zwei Personen bestehen.
Die Geschäftsführung ist verpflichtet, ausschließlich im Interesse der Gesellschafter zu handeln, ihre Tätigkeit mit der gebotenen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit auszuüben und sich um die Vermeidung von Interessenkonflikten zu bemühen (§ 149 Abs. 2 KAGB-E).
Dabei hat die Geschäftsführung unabhängig von der Verwahrstelle zu handeln. Die Geschäftsführung oder ihre Mitglieder müssen zuverlässig sein und die zur Leitung der geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft erforderliche fachliche Eignung aufweisen, § 149 Abs. 3 KAGB-E. In Anlehnung an die Regelungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen dürfte sich der Nachweis der Zuverlässigkeit über ein eintragungsloses Führungszeugnisses führen lassen. Hinsichtlich der fachlichen Eignung werden zumindest auch Kenntnisse in Bezug auf die Art des Unternehmensgegenstandes des geschlossenen Publikums-AIF gefordert werden.
Für intern verwaltete Publikums-AIF ist darüber hinaus ein Aufsichtsrat zu bilden. Die Mitglieder des Aufsichtsrates sollen ihrer Persönlichkeit und ihrer Sachkunde nach die Wahrung der Interessen der Anleger gewährleisten. Die Bestellung und das Ausscheiden von Mitgliedern des Aufsichtsrates ist der BaFin unverzüglich anzuzeigen, § 147 Abs. 4 KAGB-E.
2.8. Zulässige Vermögensgegenstände, Anlagegrenzen
Publikums-AIF dürfen nach dem Entwurf des Kapitalanlagegesetzbuches nur folgende Vermögensgegenstände erwerben:
- Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und vergleichbare Rechte nach dem Recht anderer Staaten (Immobilien)
- Schiffe
- Flugzeuge
- Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien
- Beteiligungen an ÖPP-Projektgesellschaften
- Beteiligungen an Gesellschaften, die nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung nur Immobilien, Schiffe, Flugzeuge, Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien, Beteiligungen an ÖPP-Projektgesellschaften sowie die zur Bewirtschaftung dieser Vermögensgegenstände erforderlichen Vermögensgegenstände oder Beteiligungen an solchen Gesellschaften erwerben dürfen
- Anteile oder Aktien an inländischen geschlossenen Publikums-AIF oder an europäischen oder ausländischen geschlossenen Publikums-AIF, die hinsichtlich der Anlagepolitik vergleichbaren Anforderungen unterliegen
- Anteile oder Aktien an inländischen geschlossenen Spezial-AIF oder an europäischen oder ausländischen geschlossenen Spezial-AIF, die hinsichtlich der Anlagepolitik vergleichbaren Anforderungen unterliegen
- Wertpapiere, Geldmarktinstrumente und Bankguthaben
Dem Erwerb der vorgenannten Vermögensgegenstände, mit Ausnahme von Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten und Bankguthaben, hat die Bewertung durch einen den Anforderungen des KAGB-E genügenden Bewerter vorauszugehen.
Der Anteil an Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten und Bankguthaben darf 49% des Wertes des AIF nicht übersteigen, es sei denn es handelt sich um ein geschlossenes Dach-Investmentvermögen, das in Anteilen an Zielfonds (Publikums-AIF und inländische geschlossene Spezial-AIF) anlegt.
Derivate sind nur zur Absicherung von im geschlossenen Publikums-AIF gehaltenen Vermögensgegenständen gegen Wertverlust zulässig.
Währungsrisiken dürfen nur Vermögensgegenständen anhaften, die nicht mehr als 30% des Wertes des geschlossenen Publikums-AIF ausmachen.
2.9. Anzahl der Vermögensgegenstände
Investiert der AIF in nur einen Vermögensgegenstand (so genannte 1-Objekt-Fonds), beträgt die Mindestbeteiligungssumme für Privatanleger € 50.000.
Darüber hinaus muss in einem solchen Fall der Verkaufsprospekt an hervorgehobener Stelle auf das Ausfallrisiko mangels Risikomischung hinweisen.
2.10. Beschränkung von Kreditaufnahme, Belastung und Leverage
Gemäß § 227 Abs. 1 KAGB-E dürfen Kredite nur bis zu einer maximalen Höhe von 30% bezogen auf den geschlossenen Publikums-AIF aufgenommen werden. Darüber hinaus ist Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Kreditaufnahme, dass die Bedingungen der Kreditaufnahme marktüblich sind und dies in den Anlagebedingungen vorgesehen ist.
Eine Belastung von Vermögensgegenständen eines geschlossenen Publikums-AIF und die Abtretung und Belastung von Forderungen aus Rechtsverhältnissen, die sich auf diese Vermögensgegenstände beziehen, sind nur zulässig, wenn dies in den Anlagebedingungen vorgesehen und mit einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung vereinbar ist. Zusätzlich hat die Verwahrstelle solchen Maßnahmen zuzustimmen. Durch die Möglichkeit der Belastung darf die Höchstschwelle für die Aufnahme von Krediten nicht überschritten werden, § 227 Abs. 2 KAGB-E.
2.11. Verfügungsbeschränkungen, Erwerbs- und Veräußerungsverbote
Immobilien, Schiffe, Flugzeuge, Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien, Beteiligungen an ÖPP-Projektgesellschaften sowie Beteiligungen an Gesellschaften, die nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung nur Immobilien, Schiffe, Flugzeuge, Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien, Beteiligungen an ÖPP-Projektgesellschaften sowie die zur Bewirtschaftung dieser Vermögensgegenstände erforderlichen Vermögensgegenstände oder Beteiligungen an solchen Gesellschaften erwerben dürfen, können für einen geschlossenen Publikums-AIF nicht erworben werden, wenn sich einer dieser Vermögensgegenstände bereits im Eigentum der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft befindet. Gleiches gilt für Mutter-, Schwester- oder Tochterunternehmen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. Möchte eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft einen Vermögensgegenstand eines von ihr verwalteten geschlossenen Publikums-AIF erwerben, bedarf dies der Zustimmung der BaFin.
Hinsichtlich Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten dürfen keine Leerverkäufe durchgeführt werden.
3. Verkaufsprospekt und wesentliche Anlegerinformationen
Der Entwurf des Kapitalanlagegesetzbuches schafft für geschlossene Publikums-AIF bereits ca. ein Jahr nach Einführung des Vermögensanlagengesetzes neue Vorschriften zur Erstellung von Verkaufsprospekten und für ein Informationsblatt. Einzelheiten hierzu regeln die §§ 232 bis 234 KAGB-E.
4. Fazit
Der Diskussionsentwurf des Kapitalanlagegesetzbuches sieht in Bezug auf geschlossene Publikumsfonds zahlreiche Einschränkungen vor, die eine Investition von Privatinvestoren nach dem derzeitigen Stand des Gesetzgebungsverfahrens in solche Kapitalmarktprodukte erheblich erschweren wird. Dies wird deutliche Auswirkungen auf den Vertrieb solcher Produkte haben. Insbesondere 1-Objekt-Fonds dürften – sollte es im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens diesbezüglich keine Änderungen mehr ergeben – nur noch selten anzutreffen sein. Gleichzeitig stellt sich für Anbieter geschlossener Fonds die Frage, ob Privatinvestoren in der Zukunft noch eine geeignete Zielgruppe sind bzw. welche alternativen Gestaltungsmöglichkeiten einen Zugang zu dieser oder einer anderen geeigneten Zielgruppe ermöglichen.
Hier finden Sie eine Übersicht über alle Beiträge:
- Der Entwurf des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB-E): Anwendungsbereich, Ausnahmen und Übergangsregelungen
- Die Erlaubnispflicht für Kapitalverwaltungsgesellschaften gemäß §§ 17 ff. des Entwurfs für ein Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB-E)
- Verhaltens- und Organisationspflichten für Kapitalverwaltungsgesellschaften nach dem Entwurf des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB-E)
- Die Verwahrstelle für Alternative Investmentfonds (AIF) nach dem Entwurf des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB-E)