News

MiFID 2: Startschuss zur unternehmensinternen Umsetzung

Von 20. Oktober 2016Juli 23rd, 2020Keine Kommentare

Am 29.9.2016 hat das Bundesministerium für Finanzen den Entwurf zum 2. FiMaNoG (Zweites Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte – Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz) vorgelegt. Damit sind die wesentlichen Punkte des MiFID 2-Regulierungspakets hinreichend konkretisiert, um die Phase der unternehmensinternen Umsetzung einzuläuten.

Einige wesentliche Punkte haben wir nachfolgend für Sie zusammengefasst:

 

Stand der Rechtsetzung zu MiFID 2
Die Rechtsetzung von MiFID 2 findet sowohl auf europäischer als auch auf nationaler, bei uns deutscher, Ebene statt. Ausgangspunkt waren zwei europäische Vorschriften aus dem Jahr 2014, die Richtlinie MiFID 2, die noch in deutsches Recht umgesetzt werden muss, und die Verordnung MiFIR, die ohne einen Umsetzungsakt in deutsches Recht, direkt gilt.
Zur weiteren Konkretisierung der europäischen Vorgaben hat die Kommission bereits am 7.4.2016 eine delegierte Richtlinie im Entwurf vorgelegt, die unter anderem die Themen der Produktüberwachung und der Anreize-damit sind Zuwendungen gemeint- abhandelt. Auch diese delegierte Richtlinie bedarf wiederum einer Umsetzung in deutsches Recht. Daneben hat die Kommission die Entwürfe zu zwei delegierten Verordnungen akzeptiert, die ihrerseits in den Mitgliedstaaten direkt gelten. Der Entwurf der Verordnung vom 25.4.2016 befasst sich unter anderem mit organisatorischen Anforderungen, Anlegerschutzvorschriften und Aufzeichnungspflichten, während der Verordnungsentwurf vom 18.5.2016 sich unter anderem auf Fragen zum systematischen Internalisierer bezieht.
Der Entwurf des BMF zum 2. FiMaNoG betrifft sowohl die Umsetzung der Richtlinie MiFID 2 als auch des Entwurfs der delegierten Richtlinie vom 7.4.2016.
Das Nebeneinander von deutschen Umsetzungsgesetzen und europäischen Verordnungen erfordert, dass nicht nur die Vorschriften des WpHG oder der WpDVerOV berücksichtigt werden, sondern parallel die Regelungen der Verordnungen beachtet werden.

Anlageberatung
Der Begriff der Anlageberatung ändert sich durch die delegierte Verordnung. Wesentlich ist, dass der bisherige Ausschluss, dass eine Anlageberatung dann nicht vorliegt, wenn eine Empfehlung ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle bekannt gegeben wird, gestrichen wurde. Gerade im Zusammenhang mit der Versendung personalisierter Newsletter ist hier Vorsicht geboten und es sollte klargestellt werden, dass die Aussagen im Newsletter keine Anlageberatung darstellen.
Der Kunde muss vor der Beratung darüber aufgeklärt werden, ob er unabhängige Anlageberatung (Honorar-Anlageberatung) oder nicht unabhängige Anlageberatung erhält. Diese Information muss mit der Darstellung was der Unterschiede zwischen beiden Formen der Anlageberatung einhergehen. Dabei scheint die Anforderung, dass der Kunde vor jeder einzelnen Empfehlung hierauf hingewiesen werden muss, nicht mehr zu bestehen. Der Hinweis, welche Anlageberatung der Kunde erfährt, kann unseres Erachtens im Rahmenvertrag erfolgen. Wenn der Kunde kein Honorar-Anlageberatung erhält, dann ist er darüber zu informieren, ob ein breiter Marktüberblick gegeben wird und ob die Empfehlungen sich nur auf eigene Emissionen beziehen.
Der Anlageberater muss sich künftig dazu erklären, ob er regelmäßige Geeignetheitsprüfungen zu den im Depot befindlichen Finanzinstrumenten anbietet. Dabei ist festzulegen, in welchem Rhythmus er diese Dienstleistung gegebenenfalls erbringt.
Eine solche Information führt zu einer grundlegenden Veränderung der Dienstleistung. Während die Anlageberatung eine punktuelle Verpflichtung darstellt, wäre eine regelmäßige Pflicht zur Vornahme von Geeignetheitsprüfungen ein Dauerschuldverhältnis, was nach den Neuregelungen auch zwingend die Erstellung eines Rahmenvertrages erfordert.
Umfasst das Depot eines Privatkunden kreditfinanzierte Positionen oder Eventualverbindlichkeiten, so sehen die neuen Regelungen grundsätzlich eine Verlustschwellenbenachrichtigung dann vor, wenn ein Einzelwert um 10 % an Wert verliert und bei jedem weiteren Verlust in 10 %-Schritten.

Honorar-Anlageberatung
Wesentliches Merkmal der Honoraranlageberatung besteht im Verbot, Provisionen zu vereinnahmen.
Die Honoraranlageberatung wurde vom deutschen Gesetzgeber von der europäischen Initiative, eine besondere Art der Anlageberatung, die „unabhängige Anlageberatung“, zu schaffen, abgeleitet und vorab umgesetzt.
Dabei hält der deutsche Gesetzgeber auch im 2. FiMaNoG noch daran fest, dass er schärfere Regelungen erfordert, als MiFID 2 sie vorsieht. Während MiFID 2 das „Annehmen und Behalten“ von Zuwendungen untersagt, sieht die deutsche Umsetzung ein generelles Verbot bereits der Annahme vor. Ausnahme soll lediglich sein, wenn ein Finanzinstrument ohne Zuwendungen nicht erhältlich ist.
Auch sieht der deutsche Entwurf, anders als MiFID 2 keine Ausnahmen für kleinere nicht monetäre Vorteile, wie etwa der Teilnahme an Konferenzen oder Informationsmaterial zu Finanzinstrumenten, vor.
Ein weiteres Merkmal der Honoraranlageberatung besteht darin, dass der Honorar-Anlageberater sich einen ausreichenden Marktüberblick verschafft, hier wird auf einen „hinreichend repräsentativen Anteil“ an den am Markt verfügbaren Finanzinstrument abgestellt.
Honorar-Anlageberatung ist auch dann möglich, wenn sich ein Anbieter auf ein bestimmtes Segment spezialisiert. Allerdings muss er dann dafür sorgen, dass sein Marketing auf Kunden gerichtet ist, die nur an diesem Segment Interesse haben, dieser Umstand muss durch eindeutige Kundenerklärung sichergestellt werden.
Ein Nebeneinander von Honorar-Anlageberatung und nicht unabhängiger Anlageberatung ist bei organisatorisch strikter Trennung zulässig. Anlageberater dürfen nur in einem der beiden Bereiche eingesetzt werden und nicht die Bereiche wechseln. Es muss sichergestellt werden, dass der Kunde ausreichend informiert ist, um jederzeit zu wissen, welche Form der Anlageberatung ihm zuteil wird.
Der gesetzliche Bezeichnungsschutz, dass nur in das Honorar-Anlageberaterregister bei der BaFin eingetragener Honorar-Anlageberater sich auch so nennen dürfen, hat sich nicht geändert. Der Begriff „unabhängiger Anlageberater“ ist vom Bezeichnungsschutz nicht umfasst.
Auch wenn der konventionelle Anlageberater durch den Bezeichnungsschutz des WpHG nicht daran gehindert ist, sich als „unabhängig“ zu bezeichnen, so hat er doch wettbewerbsrechtliche Vorgaben zu wahren und darf Kunden über seine Dienstleistung nicht täuschen.

Vermögensverwaltung
Im Rahmen der Vermögensverwaltung besteht die maßgebliche Änderung darin, dass das „annehmen und behalten“ von Zuwendungen künftig verboten sein wird. Sollten Zuwendungen angenommen werden, sind diese so schnell wie nach vernünftigem Ermessen möglich, an den betreffenden Kunden weiterzuleiten.
Für kleinere nicht monetäre Vorteile sind Ausnahmen von dem Zuwendungsverbot vorgesehen. Der Entwurf der WpDVerOV, der mit dem 2. FiMaNoG vorgelegt wurde, sieht einen -wie es scheint-abschließenden Katalog vor, bspw. werden geringfügige Bewirtungen oder die Teilnahme an Konferenzen genannt.
Die Reportingfristen bei der Vermögensverwaltung werden insgesamt verkürzt, grundsätzlich ist ein quartalsweises Reporting erforderlich.
Die neuen Regelungen sehen eine Verlustschwellenbenachrichtigung im Rahmen der Vermögensverwaltung vor, wenn der Gesamtwert des Portfolios 10 % fällt, sowie anschließend bei jedem Wertverlust in 10 %-Schritten. Diese Verlustschwellenbenachrichtigung auf gesetzlicher Ebene scheint neben der vertraglich vereinbarten Verlustbenachrichtigung, die bisher bereits möglich ist, zu stehen.

Zuwendungen
Es bleibt bei dem grundsätzlichen System, dass es nicht erlaubt ist, Zuwendungen anzunehmen oder zu gewähren, es sei denn, Zuwendungen sind dazu bestimmt, die Qualität für den Kunden zu verbessern.
Diese Regelungen gelten für alle Wertpapierdienstleistungen, auch für die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen der Vermögensverwaltung der Honorar-Anlageberatung hier gehen die oben genannten Vorschriften zum Zuwendungsverbot als spezielle Regelungen nur beim Erhalt von Zuwendungen vor.
Wirklich neu sind in diesem Zusammenhang die Maßstäbe für die Qualitätsverbesserung. Zuwendungen sind dann gerechtfertigt, wenn eine zusätzliche oder höherrangige Dienstleistung für den Kunden geboten wird, die im angemessenen Verhältnis zum Umfang der erhaltenen Zuwendung steht. Wann dies der Fall sein soll, wird durch einen ganzen Katalog von Beispielen verdeutlicht.
Zwei Gesichtspunkte sollen herausgestellt werden. Eine solche höherrangige Qualitätsverbesserung soll dann bestehen, wenn ein verbesserter Zugang zur Beratungsleistung ermöglicht wird, das soll bei einem weitverzweigten regionalen Filialnetzwerk im ländlichen Raum gegeben sein. Diese Fallgruppe, die der deutsche Gesetzgeber, ohne eine entsprechende europäische Vorgabe, beschreibt, stellt offenbar nicht mehr auf die Qualitätsverbesserung für den konkreten Kunden, sondern auf die der Kundschaft insgesamt als Gruppe ab.
Eine entscheidende europäische Maßgabe ist weiterhin, dass einer dauerhaften Zuwendung auch eine dauerhafte Qualitätsverbesserung für den Kunden gegenüberstehen muss.
Die Verwendung von Analysen Dritter, soll nicht mehr unentgeltlich möglich sein. Analysen sind Zuwendungen, es sei denn sie werden bezahlt. Für den Fall, dass die Wertpapierfirma die Analysen nicht aus eigenen Mitteln bezahlt, ist eine extrem komplizierte Regelung vorgesehen. Das Wertpapierunternehmen muss von seinen Kunden Zahlungen auf einen eigens eingerichtetes Analysekonto einfordern und daraus die Analysen finanzieren. Er muss zudem regelmäßig ein Analysebudget aufstellen, die Kunden engmaschige informieren und regelmäßig die Qualität der Analysen im Verhältnis zu den Kosten überprüfen.
Neben der Erstellung einer so genannten Zuwendung-Policy erfordern die Vorschriften ein Verzeichnis über alle erhaltenen Zuwendungen sowie Aufzeichnungen darüber, wie erhaltene und gewährte Zuwendungen die Qualität der Dienstleistung verbessern.

Geeignetheitsprüfung
Bei der Geeignetheitsprüfung rücken die Begriffe der Risikotragfähigkeit an der Risikotoleranz weiter in den Vordergrund, allerdings ist dies in Deutschland auf der Ebene der Verwaltungspraxis (MaComp) bereits aktuelle Handhabung.

Beratungsprotokoll
Das Beratungsprotokoll wird durch den so genannten der Geeignetheitsbericht im Falle der Anlageberatung gegenüber Privatkunden abgelöst. Die Unterschiede der Anforderungen sind gering, für die Verwaltungspraxis dürften sich nur unerhebliche Änderung ergeben.
Grundlegend anders ist jedoch das Vorgehen in Fällen, der Verwendung von Kommunikationsmitteln, die eine vorherige Übermittlung der Geeignetheitserklärung nicht gestatten. Hatten wir in Deutschland bislang das dogmatisch verunglückte Rücktrittsrecht einzuräumen, so ist künftig die Abwicklung möglich, wenn der Kunde einverstanden ist, die Geeignetheitserklärung erst nach der Transaktion zu erhalten, sofern ihm zuvor die Möglichkeit eingeräumt war, die Transaktion zu verzögern, um vorher die Erklärung zu erhalten.

Aufzeichnungen von Telefonaten
Soweit Telefongespräche mit Kunden auf die Annahme-, Weiterleitung und Ausführung von Orders hinauslaufen könnten, selbst wenn es nicht zu einer Order kommt, so sind solche Gespräche künftig mitzuschneiden. In diesem Zusammenhang haben sich im Laufe der Gesetzgebung erwähnenswerte Besonderheiten herauskristallisiert.
Nicht nur das Gespräch mit dem Kunden, sondern auch die interne Kommunikation bezüglich dieser Kundenaufträge ist aufzuzeichnen.
Der deutsche Gesetzgeber entfernt sich vom eigentlichen Sinn dieser Aufzeichnungspflicht, nämlich einen Nachweis zu erhalten, ob einer Order erteilt wurde oder nicht, indem er zusätzlich fordert, dass insbesondere der Teil der Kommunikation mitzuschneiden ist, der sich auf Risiken, Ertragschancen und die Ausgestaltung von Finanzdienstleistungen oder Finanzinstrumenten bezieht.
Wertpapierfirmen haben sicherzustellen, dass relevante Kundengespräche nur über Geräte abgewickelt werden, bei denen mitgeschnitten werden kann und wird. Dies ist in einer entsprechenden Policy im Unternehmen zu verankern.
Die Mitschnitte dienen Beweiszwecken und sind dem Kunden auf Verlangen herauszugeben. Die Aufbewahrungsfrist ist 5 Jahre, die BaFin kann diese Aufbewahrungsfrist um 2 Jahre verlängern.

Produkt Freigabeverfahren/Zielmärkte
Bereits mit dem Kleinanlegerschutzgesetz wurden Vorgaben zu einem Produkt Freigabeverfahren und der Bestimmung von Zielmärkten in das WpHG aufgenommen. Der Geltungsbeginn dieser Vorschriften wurde mittlerweile an den der MiFID 2 angepasst.
Systematisch soll zum Schutze der Anleger ein vorgeschalteter Filter die Geeignetheit-oder Angemessenheitsprüfung bereits bei der Ebene der Produkterstellung antizipieren.
Wer Finanzinstrumente konzipiert, soll sicherstellen, dass diese den Bedürfnissen eines bestimmten Zielmarktes entsprechen und dass die Vertriebsstrategie ebenfalls mit dem Zielmarkt vereinbar ist.
Zielmärkte sind Kundengruppen innerhalb der Kundenkategorien (Privatanleger, professionelle Kunden oder geeignete Gegenpartei). Zur Festlegung der Zielmarktmärkte sind die Bedürfnisse, Merkmale und Ziele dieser Kundengruppe zu berücksichtigen, zudem sind die Risiken der Finanzinstrumente ein wesentliches Kriterium für die Zielmarktbestimmung.
Der Produktüberwachungsprozess muss unter anderem Szenarioanalysen vorsehen, in denen die Auswirkungen auf die Eignung des Produktes für einen Zielmarkt in verschiedenen Marktkonstellationen beleuchtet wird.
Regelmäßig ist zu überprüfen, ob die Eignung des Finanzinstruments für einen definierten Zielmarkt nach wie vor besteht.
Die Pflichten zur Produktüberwachung betreffen neben den Konzepteuren auch die Vertriebe. So müssen Vertriebe sicherstellen, dass sie innerhalb der vorgegebenen Zielmärkte vertreiben. Sie haben auch dafür einzustehen, dass ein Produktfreigabeverfahren erfolgt. Sollte der Konzepteur ein solches Verfahren nicht durchführen, etwa weil er der Regulierung durch die MiFID nicht unterliegt oder aus einem Drittland heraus agiert, so muss der Vertrieb das Produktfreigabeverfahren durchführen.
Der Begriff „Vertrieb“ im Sinne dieser Vorschriften wird weit ausgelegt, es ist das Beratungsgeschäft, das beratungsfreie Geschäft, Execution only und die Vermögensverwaltung gleichermaßen erfasst.

Kostentransparenz
Die Anforderungen an die Kostentransparenz werden deutlich verschärft.
Kunden sind im Voraus (ex-ante) und im Nachhinein (ex-post) über alle Kosten und Nebenkosten im Zusammenhang mit der erbrachten Wertpapier(neben)dienstleistung zu informierten. Die Offenlegungspflicht umfasst sowohl Kosten in Bezug auf die eigene Dienstleistung (z.B. Vermögensverwaltung, Anlageberatung, Depotgeschäft), wie auch in Bezug auf das jeweilige Finanzinstrument (z.B. Verwaltungsgebühren, Tauschgebühren, Austrittgebühren).
Ergeben sich diese Kosten nicht aus dem jeweiligen Informationsblatt des Finanzinstruments, ist der Vertrieb verpflichtet, diese Kosten selbst zu berechnen bzw. sie sich bei dem Produktgeber zu beschaffen.
Den Kunden ist im Rahmen der ex-ante und der ex-post Information auch die kumulative Wirkung der Kosten und Nebenkosten auf die Rendite zu veranschaulichen.
Wird ein Kunde an einen anderen Wertpapierdienstleister verwiesen oder werden den Kunden Dienstleistungen Dritter empfohlen oder angeboten, sind auch solche (Fremd-)Kosten den Kunden offenzulegen.

Interessenkonfliktmanagement
Die Regelungen zum Interessenkonfliktmanagement sehen einen vierstufigen Prozess vor: (1) Feststellung der Arten von Interessenkonflikten, (2) Entwicklung von Grundsätzen zum Umgang mit und zur Vermeidung von Interessenkonflikten, (3) Offenlegung und detaillierte Beschreibung von verbleibenden Interessenkonflikten als „Ultima Ratio“, (4) regelmäßige Überprüfung der aufgestellten Grundsätze.
Die Regelungen verschärfen die bislang geltenden Anforderungen an das Interessenkonfliktmanagement. Die häufig geübte Praxis, standardisierter, stichpunktartiger Offenlegungen allgemeiner Interessenkonflikte, dürfte nach der neuen Rechtslage nicht mehr möglich sein. Finanzdienstleister werden sich mit den im jeweiligen Unternehmen bestehenden individuellen Interessenkonflikten und deren Bewältigung intensiver auseinandersetzen müssen und können erst dann einen identifizierten Interessenkonflikt gegenüber dem Kunden offenlegen, wenn sie diesen nicht mit hinreichender Sicherheit vermeiden können. Im Rahmen der Offenlegung wird gefordert, dass deutlich angegeben wird, dass die organisatorischen Vorkehrungen des Unternehmens nicht ausreichend sind, um den Interessenkonflikt zu vermeiden. Der Interessenkonflikt ist genau zu beschreiben. Bei der Detailtiefe der Offenlegung können die Kundenkategorien berücksichtigt werden.

Finanzanlagenvermittler und -berater
Von den neuen Regelungen sind auch Finanzanlagenvermittler mit einer Erlaubnis nach 34f-GewO betroffen.
Die MiFID 2-Richtlinie sieht vor, dass die sog. Wohlverhaltenspflichten in vielen Teilen gleichwertig auch für Finanzanlagenvermittler mit einer 34f-GewO-Erlaubnis eingeführt werden. Dies bedeutet unter anderem:

  • Erweiterte Informationspflichten in der Anlageberatung
    Wird Anlageberatung erbracht, muss erläutert werden, ob und warum diese als unabhängig oder abhängig (z.B. weil Provisionen von Dritten angenommen werden) einzustufen ist. Außerdem sind das Spektrum an Finanzinstrumenten, das Verhältnis zu den Emittenten und Anbietern zu erläutern und dem Kunden mitzuteilen, ob er ein kontinuierliches Reporting hinsichtlich der Eignung der empfohlenen Finanzinstrumente erhält.
  • Aufzeichnung von Telefongesprächen (sog. „Taping“)
    Telefonate, die auf eine Order hinauslaufen können, müssen künftig aufgezeichnet werden, egal, ob es schlussendlich zu einer Order kommt oder nicht! „Wenn Fintechs vereinbarungsgemäß Telefongespräche nur für technischen Support anbieten, kann mit guten Argumenten auf die Bereithaltung einer technischen Lösung zur Aufzeichnung von Telefonaten verzichtet werden. Dies wäre – auch aus Kostengründen – eine erhebliche Entlastung. Aber auch elektronische Kommunikation muss nach nachprüfbar festgelegten Grundsätzen aufgezeichnet werden.
  • Vorgaben für Kundeninformationen und Marketing-Maßnahmen
    Auch für an Kunden gerichtete Informationen und Werbung werden die Anforderungen nochmals erhöht. Sie müssen unter anderem leicht verständlich formuliert sein. Das bedeutete auch bislang vor allem, dass mit Fachbegriffen sparsam umgegangen werden sollte. Hinweise auf maßgebliche Risiken müssen künftig in einer Schriftgröße erfolgen, die mindestens der auch für alle anderen angegebenen Informationen verwendeten, Schriftgröße entspricht und durch ihre graphische Gestaltung leicht erkennbar sein.
  • Regelungen zur Mitarbeitervergütung
    Vergütungen dürfen auch bei Unternehmen mit § 34f-Erlaubnis nicht mehr ausschließlich oder überwiegend auf quantitativen wirtschaftlichen Kriterien beruhen, sondern müssen angemessene qualitative Kriterien (z.B. Kundenzufriedenheit, das Befolgen interner und externer Vorschriften, Führung, Teamwork, Kreativität, Motivation) berücksichtigen. Hierzu sind unternehmensinterne Vergütungsgrundsätze zu entwickeln.

Außerdem wird das Zulassungsverfahren erschwert, z.B. indem künftig ein Geschäftsplan, also eine Art Businessplan, vorgelegt werden muss.

Sie haben Fragen oder Anmerkungen? Kontaktieren Sie uns! Ansprechpartner sind alle Anwälte unserer Kanzlei, Verfasser dieses Beitrags sind Rechtsanwalt Thomas Elster und Rechtsanwalt Dr. Philipp Hendel.