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Fintechs müssen sich mit der Regulatorik zunehmend auseinandersetzen

Von 10. Oktober 2016Juli 23rd, 2020Keine Kommentare

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Gewerbeaufsicht nehmen sich bereits seit einiger Zeit verstärkt den Besonderheiten automatisierter Anlagemodelle an. Die Europäische MiFID 2-Richtlinie bringt weitergehende Verpflichtungen für Finanzintermediäre und trifft auch Finanzanlagenvermittler mit einer Erlaubnis nach der Gewerbeordnung – Das hat auch Bedeutung für Fintechs.

MiFID 2 trifft auch Anlage-Fintechs

Die Umsetzung der Europäischen MiFID 2-Richtlinie in deutsches Recht per 03.01.2018 beschäftigt die Finanzbranche seit Jahren am stärksten. Was die wenigsten wissen: Die neuen Regelung treffen nicht nur Banken und Vermögensverwalter, sondern auch Finanzanlagenvermittler mit einer Erlaubnis nach 34f-GewO, die mit teilweise massiven Änderungen zu rechnen haben. Dies betrifft auch Fintechs.

Für ETF-basierende Anlagestrategien bedarf es derzeit keiner Erlaubnis der BaFin, es reicht eine gewerberechtliche Erlaubnis nach §34f GewO. Aus diesem Grund verfügen viele Betreiber sogenannter „Robo-Advice-Plattformen“ (nur) über eine Erlaubnis nach der GewO.

Die MiFID 2-Richtlinie sieht vor, dass die für Banken geltenden sog. Wohlverhaltenspflichten in vielen Teilen gleichwertig auch für Finanzanlagenvermittler mit einer 34f-GewO-Erlaubnis eingeführt werden. Dies bedeutet unter anderem:

  • Erweiterte Informationspflichten in der Anlageberatung
    Wird Anlageberatung erbracht, muss erläutert werden, ob und warum diese als unabhängig oder abhängig (z.B. weil Provisionen von Dritten angenommen werden) einzustufen ist. Außerdem sind das Spektrum an Finanzinstrumenten, das Verhältnis zu den Emittenten und Anbietern zu erläutern und dem Kunden mitzuteilen, ob er ein kontinuierliches Reporting hinsichtlich der Eignung der empfohlenen Finanzinstrumente erhält.
  • Aufzeichnung von Telefongesprächen (sog. „Taping“)
    Telefonate, die auf eine Order hinauslaufen können, müssen künftig aufgezeichnet werden, egal, ob es schlussendlich zu einer Order kommt oder nicht! „Wenn Fintechs vereinbarungsgemäß Telefongespräche nur für technischen Support anbieten, kann mit guten Argumenten auf die Bereithaltung einer technischen Lösung zur Aufzeichnung von Telefonaten verzichtet werden. Dies wäre – auch aus Kostengründen – eine erhebliche Entlastung. Aber auch elektronische Kommunikation muss nach nachprüfbar festgelegten Grundsätzen aufgezeichnet werden.
  • Vorgaben für Kundeninformationen und Marketing-Maßnahmen
    Auch für an Kunden gerichtete Informationen und Werbung werden die Anforderungen nochmals erhöht. Sie müssen unter anderem leicht verständlich formuliert sein. Das bedeutete auch bislang vor allem, dass mit Fachbegriffen sparsam umgegangen werden sollte. Hinweise auf maßgebliche Risiken müssen künftig in einer Schriftgröße erfolgen, die mindestens der auch für alle anderen angegebenen Informationen verwendeten, Schriftgröße entspricht und durch ihre graphische Gestaltung leicht erkennbar sein.
  • Regelungen zur Mitarbeitervergütung
    Vergütungen dürfen auch bei Unternehmen mit § 34f-Erlaubnis nicht mehr ausschließlich oder überwiegend auf quantitativen wirtschaftlichen Kriterien beruhen, sondern müssen angemessene qualitative Kriterien (z.B. Kundenzufriedenheit, das Befolgen interner und externer Vorschriften, Führung, Teamwork, Kreativität, Motivation) berücksichtigen. Hierzu sind unternehmensinterne Vergütungsgrundsätze zu entwickeln.

Außerdem wird das Zulassungsverfahren erschwert, z.B. indem künftig ein Geschäftsplan, also eine Art Businessplan, vorgelegt werden muss.

Aus für Rebalancing-Modelle?

Die BaFin hat sich jüngst verstärkt der aufsichtsrechtlichen Behandlung von Fintechs angenommen und zu einigen typischen Modellen geäußert. Im Bereich der Anlage-Fintechs findet man im Wesentlichen drei Modelle vor: Robo-Avisors, automatisierte Vermögensverwaltung und Social Trading. Während man beim Social Trading einem oder mehreren anderen Tradern folgt und deren Handelsentscheidungen im eigenen Depot umsetzen lässt, wird im Bereich der Robo-Advice-Plattformen und der automatisierten Vermögensverwaltung ein auf die Bedürfnisse des Kunden maßgeschneidertes Musterportfolio entwickelt. Häufig erhält der Kunde die Option dieses Musterportfolio fortlaufend an die Marktgegebenheiten anpassen zu lassen, um Verschiebungen aufgrund von Marktentwicklungen auszugleichen (sog. Rebalancing). Die BaFin scheint Rebalancing-Angebote in den Bereich der Vermögensverwaltung zu verorten. Dies ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil Unternehmen mit § 34f-Lizenz nur Anlageberatung und Anlagevermittlung, nicht aber Vermögensverwaltung anbieten dürfen. „Entscheidend für die Abgrenzung der Anlageberatung von der Vermögensverwaltung und demnach die Einordnung eines Geschäftsmodels ist, ob dem Dienstleister Ermessenspielraum bei der Anlageentscheidung zusteht oder nicht. Dies kann nicht grundsätzlich damit beantwortet werden, ob Rebalancing angeboten wird. Vielmehr kommt es in jedem Einzelfall auf die konkrete Ausgestaltung an. So ist es etwa denkbar, dass die Logik derart exakt beschrieben wird, dass kein Ermessensspielraum mehr verbleibt, sondern alle möglichen Szenarien zuvor definiert werden.

Sie haben Fragen oder Anmerkungen? Bitte kontaktieren Sie uns. Ansprechpartner sind alle Anwälte der Kanzlei; Verfasser dieses Beitrags ist RA Dr. Philipp Hendel.