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BaFin äußert sich zur Auslegung des Begriffs „Investmentvermögen“ nach dem KAGB-E

Von 2. April 2013August 3rd, 2020Keine Kommentare

Inhalt und Reichweite des Begriffs des Investmentvermögens nach § 1 Abs. 1 S. 1 des Entwurfs eines Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB-E) waren bereits Gegenstand zahlreicher Diskussionen und Mutmaßungen. Nun hat sich die BaFin in einem Entwurf dazu positioniert, wie sie diesen Begriff in der Verwaltungspraxis auszulegen gedenkt.

Die BaFin hat am 27. März 2013 im Konsultationsverfahren 03/2013 den Entwurf einer Verlautbarung vorgelegt, mit der sie zu dem in § 1 Abs. 1 S. 1 KAGB-E vorgesehenen Begriffe des Investmentvermögens Stellung bezieht. Nach dem Wortlaut des Gesetzesentwurfs ist dies

„jeder Organismus für gemeinsame Anlagen, der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren und der kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist.“

Im ersten Teil der Verlautbarung äußert sich die BaFin dazu, wie sie die sich aus dem Gesetzeswortlaut ergebenden einzelnen Merkmalen des Begriffs „Investmentvermögen“ auslegen wird. Der zweite Teil der Verlautbarung widmet sich dann einzelnen Auslegungsfragen.

Die wesentlichen Inhalte des vorliegenden Entwurfs lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1. Organismus

Die BaFin hebt hervor, dass grundsätzlich jede Beteiligungsform einen Organismus darstellen kann. Hierunter fallen nach Auffassung der BaFin auch Formen, die in der Vergangenheit vielfach als (vermeintliche) Ausweichmöglichkeiten diskutiert wurden (z. B. stille Beteiligungen, Genussrechte, Schuldverschreibungen oder Genossenschaften).

Bei diesen Anlageformen kann also nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass diese dazu geeignet sind, die Anwendbarkeit der mit dem KAGB-E verbundenen Neuerungen zu vermeiden. Vielmehr bedarf dies einer genauen Prüfung im Einzelfall und gegebenenfalls einer konzeptionellen Ausgestaltung.

2. Für gemeinsame Anlagen

Nach Auffassung der BaFin ist das Merkmal „für gemeinsame Anlagen“ dann erfüllt, wenn die Anleger sowohl an den Gewinnen als auch in den Verlusten beteiligt werden. Besteht hingegen ein unbedingter Kapitalrückzahlungsanspruch, so soll kein Investmentvermögen vorliegen. Zur Klarstellung verweist die BaFin darauf, dass eine Mindestzahlungszusage oder ein Total-Return-Ansatz nicht zu einem Ausschluss der Verlustbeteiligung führen.

3. Einsammlung von Kapital von einer Anzahl von Anlegern

Damit das Merkmal des Einsammelns von Kapital von einer Anzahl von Anlegern vorliegt, soll es nach Auffassung der BaFin ausreichen, wenn die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag es ermöglichen, dass sich mehr als ein Anleger beteiligt. Auf die tatsächliche Anzahl der Anleger soll es dagegen nicht ankommen.

4. Festgelegte Anlagestrategie

Hinsichtlich des Merkmals der „festgelegten Anlagestrategie“ verweist die BaFin auf das ESMA-Konultationspapier „Guidelines on key concepts of the AIFMD“ vom 19. Dezember 2012, wonach ein Organismus dann eine festgelegte Anlagestrategie hat, wenn er im Rahmen einer Strategie festgelegt, wie das gemeinschaftliche Kapital verwaltet werden muss, damit es einen gemeinsamen Return für die Anleger generiert. Dazu führt die BaFin beispielhaft mehrere Indizien an, die auf das Vorliegen einer Anlagestrategie hindeuten sollen.

Ergänzend zitiert die BaFin die Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 1 KAGB-E, wonach die Anlagestrategie schriftlich fixiert und genau bestimmt sein muss. Die BaFin lässt dabei jedoch offen, ob sie diese Gesetzesbegründung, insbesondere das darin vorgesehene Merkmal der Schriftlichkeit, in ihrer Verwaltungspraxis als verbindlich ansehen wird.

5. Investition zum Nutzen der Anleger

Die BaFin stellt klar, dass eine Investition zum Nutzen der Anleger jedenfalls dann nicht vorliegt, wenn der Emittent in der Verwendung der eingesammelten Mittel frei ist, bzw. wenn die Kapitalaufnahme lediglich zur Finanzierung der allgemeinen Geschäftstätigkeit des Emittenten oder zur Absicherung von Risiken erfolgt.

6. Keine operative Tätigkeit

Die BaFin weist darauf hin, dass Unternehmen, die

  • Anlagen im Rahmen eines laufenden Geschäftsbetriebes selbst betreiben,
  • Güter produzieren oder
  • Rohstoffe lagern,

als operativ tätige Unternehmen anzusehen sind. Offen bleibt dabei, ob das weitere Negativmerkmal, dass keine Auslagerung erfolgen darf, sich allein auf den Betrieb von Anlagen im laufenden Geschäftsbetrieb oder auch auf die anderen genannten Tätigkeiten bezieht. Investitionen, die neben der operativen Tätigkeit vorgenommen werden, sollen aber unschädlich sein.

Fazit

Die Verlautbarung der BaFin befindet sich zwar noch im Entwurfsstadium. Im derzeit laufenden Konsultationsverfahren ist zu erwarten, dass trotz der kurzen Stellungnahmefrist von zahlreichen Seiten noch Vorschläge zur weiteren Konkretisierung kommen werden. Bei allen noch verbleibenden Zweifelsfragen ist es aber grundsätzlich zu begrüßen, dass die BaFin mit dieser Verlautbarung – wie schon mit dem bereits veröffentlichten „Merkblatt zum Erlaubnisverfahren für eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 22 KAGB-E“ – weitere Rechtsklarheit schafft.

Dennoch werden Branchenteilnehmer trotz dieser Verlautbarung nicht umhin kommen, ihre (geplanten oder bestehenden) Geschäftsmodelle daraufhin zu überprüfen, ob im Einzelfall ein Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 KAGB-E vorliegt. Denn nur so können rechtzeitig die Weichen gestellt werden, um den dann gegebenenfalls einschlägigen Anforderungen des KAGB-E nachkommen zu können, insbesondere etwaigen Erlaubnispflichten zu genügen.

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