News

Qualifizierte Nachrangdarlehen – BGH schützt Geschäftsführer vor Haftungsbumerang

Mezzanine Finanzierungen sind beliebt, insbesondere bei Projektfinanzierungen oder Anschubfinanzierungen von Startups. Die Vorteile liegen auf der Hand: bankenunabhängige Finanzierung, bilanzielle Stärkung der Eigenkapitalquote, steuerliche Behandlung als Fremdkapital, Insolvenzvermeidung in Durststrecken, flexible Gestaltungsmöglichkeiten.

Zu den weit verbreiteten mezzaninen Finanzierungsinstrumenten gehören qualifizierte Nachrangdarlehen (auch als partiarische Darlehen oder Wandeldarlehen). Sie finden sich nicht nur in individuellen Vereinbarungen mit Investoren, sondern auch als standardisierte Finanzierungsform in Vermögensanlagen für Kleinanleger und bei Schwarmfinanzierungen über Crowdlending-Plattformen.

Herzstück der Nachrangdarlehensverträge ist die Nachrangklausel, die zu einem vor- und nachinsolvenzlichen „qualifizierten“ Rangrücktritt des Investors führt. Rechtliche Herausforderung: Die Nachrangklausel ist regelmäßig nur dann wirksam, wenn sie den Transparenzanforderungen des AGB-Rechts genügt.

Als großes Problem für viele kapitalsuchenden Unternehmen hat sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erwiesen, wodurch zahlreiche in der Praxis gebräuchliche Formulierungen von Nachrangklauseln für intransparent erklärt worden sind. Die Unwirksamkeit der Nachrangklausel hat zur Folge, dass die hereingenommenen Darlehen nicht als Nachrangdarlehen, sondern als „gewöhnliche“ Darlehen behandelt werden müssen, und zwar von Anfang an. Die Konsequenzen dieser Urteile waren für die betroffenen Unternehmen, aber auch für deren Leitungsorgane (Geschäftsführer, Vorstände) fatal:

  • Gewöhnliche Darlehen sind, anders als Nachrangdarlehen, im Überschuldungsstatus zu berücksichtigen, so dass viele betroffene Unternehmen nachträglich feststellen mussten, bereits seit Hereinnahme der Darlehen überschuldet zu sein. Dies führt zu dem flankierenden Vorwurf der Insolvenzverschleppung und einer möglichen Haftung der Leitungsorgane.
  • Die Hereinnahme gewöhnlicher Darlehen stellt außerdem ein Einlagengeschäft im Sinne des Kreditwesengesetzes dar. Das Einlagengeschäft bedarf einer Bankerlaubnis, die die betroffenen Unternehmen nicht hatten. Auch hieraus ergeben sich Haftungsgefahren für die Leitungsorgane, und zwar sowohl in strafrechtlicher als auch in zivilrechtlicher Hinsicht.

Schadensmeldungen der in Anspruch genommenen Leitungsorgane bei den D&O-Versicherern gehen in solchen Fällen häufig ins Leere, weil deren Bedingungswerk Ausschlussgründe bei strafbarem Handeln oder eine Leistungsfreiheit im Insolvenzfall vorsah. Im Ergebnis stand häufig neben einer Insolvenz des Unternehmens auch eine Privatinsolvenz und strafrechtliche Verfolgung der Leitungsorgane.

Was diese existenziellen Haftungsgefahren der Leitungsorgane angeht, sorgen jüngere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs für etwas Entspannung. Danach ist es den Leitungsorganen unter Umständen möglich, sich auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum zu berufen. Allerdings sind die Voraussetzungen hierfür eng: Ein Verbotsirrtum kann nur dann als unvermeidbar angesehen werden, wenn sich die Leitungsorgane vor Darlehensaufnahme bei einem „versierten Anwalt“ danach erkundigt haben, ob die Nachrangklausel den rechtlichen Anforderungen genügt. Dabei prüfen die Gerichte sehr genau, ob sich die Leitungsorgane mit sogenannten „Gefälligkeitsgutachten“ verteidigen. Sie verlangen daher, dass sowohl bei der Auswahl des Rechtsanwalts (vorzugsweise einem Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht) als auch bei der Qualität des Rechtsgutachtens eine „Feigenblatt“-Funktion ausgeschlossen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 20.3.2025, Aktenzeichen: III ZR 261/23).

Die Kanzlei drrp hatte in der Vergangenheit bereits mehrere land- und oberlandesgerichtliche Urteile erstritten, die ebenfalls die Möglichkeit der Enthaftung aufgrund eines unvermeidbaren Verbotsirrtums bejahten. Eines dieser Urteile ist gerade rechtskräftig geworden, weil der Bundesgerichtshof die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen hat (BGH, Beschluss vom 24.04.2025, Aktenzeichen: III ZR 278/23).

Die Kanzlei drrp unterstützt kapitalsuchende Unternehmen bei der rechtssicheren Gestaltung mezzaniner Finanzierungsstrukturen. Außerdem unterstützen wir betroffene Unternehmen und Leitungsorgane bei der Auseinandersetzung mit Investoren, Bankenaufsicht und Staatsanwaltschaft, wenn eine unwirksame Klauselgestaltung bestehender Nachrangdarlehen im Raume steht.

Autor