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Die Geltung des neuen Marktmissbrauchs- und Insiderregimes nähert sich mit großen Schritten

Von 28. April 2016Juli 23rd, 2020Keine Kommentare

Ab 3. Juli 2016 erlangen die Regelungen des Europäischen Marktmissbrauchspakets (Marktmissbrauchsrichtlinie, Marktmissbrauchsverordnung – MAR) und der im ersten Finanzmarktnovellierungsgesetz (1. FimanoG) enthaltenen deutschen Umsetzungsnormen Geltung.

Folgenden wesentliche Änderungen bringt das neue Regelungsregime mit sich:

  • Erhebliche Erweiterung des Anwendungsbereichs (Art. 2 MAR). Die MAR bezieht alle von der MiFID II und der MiFIR erfassten Handelsplätze ein, also auch multilaterale (MTF) und andere organisierte Handelssysteme (OTF)
  • Erweiterung des Insiderverbots (Art. 8 MAR). Stornierungen oder Änderungen eines bereits erteilten Auftrags und Handeln aufgrund einer Empfehlung, von der der Handelnde wissen sollte, dass diese Empfehlung auf einer Insiderinformation beruht, kann künftig ein verbotenes Insidergeschäft darstellen.
  • Erweiterung des Regelungsregimes sog. Directors`Dealings (Art. 19 MAR). Geschäfte von Vermögensverwaltern der Führungskräfte eines Emittenten sind künftig auch dann meldepflichtig, wenn diesen ein Ermessen eingeräumt ist. Meldepflicht wird von fünf auf drei Geschäftstage verkürzt. Emittenten sind künftig verpflichtet, die betroffenen Führungskräfte über ihre Pflichten schriftlich zu belehren und eine Liste über die potentiell meldepflichtigen Führungskräfte und die ihnen nahestehenden Personen zu führen. Die betroffenen Führungskräfte sind verpflichtet, die ihnen nahestehenden Personen über ihre Meldepflicht ebenfalls schriftlich zu belehren und eine entsprechende Dokumentation hierüber zu erstellen.
  • Einführung eines zeitlich begrenzten Handelsverbotes (Art. 19 MAR). Eine Führungskraft darf während eines Zeitraums von 30 Kalendertagen vor Bekanntmachung eines Jahresabschlusses oder Zwischenberichts weder direkt noch indirekt Eigengeschäfte oder Geschäfte für Dritte im Zusammenhang mit den relevanten Finanzinstrumenten tätigen. Ausnahme: schwerwiegende finanzielle Schwierigkeiten, die den unverzüglichen Verkauf der betroffenen Finanzinstrumente erforderlich machen.
  • Verschärfung des Tatbestands der Marktmanipulation (Art. 12 f. MAR). Die MAR enthält eine Aufzählung von Definitionen, Regelbeispielen und Indikatoren, die auf eine verbotene Marktmanipulation hindeuten. Neu ist insbesondere, die Ausweitung der Strafbarkeit der verbotenen Marktmanipulation ins Versuchsstadium.
  • Verschärfte Sanktionen, z.B.:
    – Bußgelder bei natürlichen Personen bis 5 Mio. EUR
    – Bußgelder bei juristischen Personen bis 15% des Gesamtumsatzes (§ 39 Abs. 4a RegE-WpHG)

Das neue Marktmissbrauchsregime enthält ausdifferenzierte Regelungen. Es verbleiben dennoch Unklarheiten, insbesondere im Bereich der tatbestandsmäßigen Handlungen. Kritische Geschäfte/Konstellationen sollten vorher geprüft und ggf. mit der Aufsicht abgestimmt werden. Compliance-Systeme bedürfen bereits aufgrund der für alle verpflichtenden Regelung in Art. 16 MAR einer Schärfung. Betroffen sind auch solche Marktteilnehmer die nur gewerbsmäßig Geschäfte vermitteln oder ausführen. Danach müssen wirksame Regelungen, Systeme und Verfahren zur Aufdeckung und Meldung von verdächtigen Aufträgen und Geschäften geschaffen und aufrechterhalten werden. Die ESMA verlangt zwar nicht zwingend computergestützte Verfahren, lässt aber durchblicken, dass Sie sich eine ausreichende Umsetzung ohne ein gewisses Maß an Automatisierung nicht vorstellen kann. Eine Auslagerung ist grundsätzlich möglich.

Sie haben Fragen oder Anmerkungen? Bitte kontaktieren Sie uns. Ansprechpartner sind alle Anwälte der Kanzlei; Verfasser dieses Beitrags ist RA Dr. Philipp Hendel