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Verhaltens- und Organisationspflichten für Kapitalverwaltungsgesellschaften nach dem Entwurf des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB-E)

Von 3. Oktober 2012August 3rd, 2020Keine Kommentare

Der Entwurf des AIFM-Umsetzungsgesetzes sieht durch die Schaffung eines Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB-E) die Einführung von für alle Kapitalverwaltungsgesellschaften geltenden allgemeinen Verhaltens- und Organisationspflichten in den §§ 28-38 KAGB-E vor.

1. Allgemeine Verhaltenspflichten

Kapitalverwaltungsgesellschaften sind gemäß § 28 Abs. 2 KAGB-E unter anderem verpflichtet,

  • ihre Tätigkeit ehrlich, mit der gebotenen Sachkenntnis, Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und redlich zu erbringen,
  • im besten Interesse der von ihnen verwalteten Investmentvermögen oder der Anleger und der Integrität des Marktes zu handeln,
  • alle angemessenen Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten und, wo diese nicht vermieden werden können, zur Ermittlung, Beilegung, Beobachtung und gegebenenfalls Offenlegung dieser Interessenkonflikte zu treffen,
  • über die für eine ordnungsgemäße Geschäftstätigkeit erforderlichen Mittel und Verfahren zu verfügen und diese wirksam einzusetzen,
  • alle regulatorischen Anforderungen zu erfüllen,
  • alle Anleger der Investmentvermögen fair zu behandeln.

Darüber hinaus dürfen AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften einzelnen Anlegern keine Vorzugsbehandlung zukommen lassen. Ausnahmen bestehen nur, wenn dies die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag vorsieht. Hinsichtlich Kapitalverwaltungsgesellschaften, deren Erlaubnis auch die Finanzportfolioverwaltung oder die individuelle Vermögensverwaltung im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 KAGB-E umfasst, gelten zusätzlich Beschränkungen hinsichtlich der Anlage des Vermögens in von ihnen verwaltete Investmentvermögen.

Konkretisierungen der allgemeinen Verhaltenspflichten sollen für AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die ausschließlich Spezial-AIF verwalten durch so genannte Level 2-Verordnungen und für Kapitalverwaltungsgesellschaften, die OGAW und/oder Publikums-AIF verwalten durch Rechtsverordnungen erfolgen.

2. Interessenkonflikte

Kapitalverwaltungsgesellschaften haben nach § 29 des Entwurfs des Kapitalanlagegesetzbuches vom 20.07.2012 alle angemessenen Maßnahmen zu treffen, um Interessenkonflikte zu ermitteln, die im Zusammenhang mit der Verwaltung von Investmentvermögen zwischen

  • der Kapitalverwaltungsgesellschaft sowie ihren Führungskräften und Mitarbeitern und den von ihr verwalteten Investmentvermögen oder deren Anlegern,
  • verschiedenen Investmentvermögen oder deren Anlegern,
  • Investmentvermögen oder deren Anlegern und anderen Kunden der Kapitalverwaltungsgesellschaften,
  • zwei Kunden der Kapitalverwaltungsgesellschaft

auftreten. Hierzu haben Kapitalverwaltungsgesellschaften wirksame organisatorische und administrative Vorkehrungen zu treffen. Können Risiken von Interessenkonflikten nicht vermieden werden, so sind AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften verpflichtet, die Anleger vor der Tätigung von Geschäften in ihrem Auftrag über die Art und die Quellen der Interessenkonflikte zu informieren. Innerhalb ihrer eigenen Betriebsabläufe haben AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften Aufgaben und Verantwortungsbereiche, die als miteinander unvereinbar angesehen werden oder potentiell systematische Interessenkonflikte hervorrufen können, zu trennen.

Einzelheiten hierzu werden durch Level 2-Maßnahmen und Rechtsverordnung weiter konkretisiert.

3. Allgemeine Organisationspflichten

Kapitalverwaltungsgesellschaften müssen über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verfügen, die die Einhaltung der zu beachtenden Bestimmungen gewährleistet, § 30 Abs. 1 KAGB-E. Dies umfasst insbesondere:

  • ein angemessenes Risikomanagement,
  • angemessene und geeignete personelle und technische Ressourcen,
  • geeignete Regelungen für Mitarbeitergeschäfte,
  • geeignete Regelungen für die Anlage eigenen Vermögens,
  • angemessene Kontroll- und Sicherheitsvorkehrungen für den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung,
  • eine vollständige Dokumentation der ausgeführten Geschäfte,
  • angemessene Kontrollverfahren, die insbesondere das Bestehen einer internen Revision voraussetzen und gewährleisten, dass das verwaltete Vermögen entsprechend den regulatorischen und vertraglichen Vorgaben angelegt wird, und
  • eine ordnungsgemäße Verwaltung und Buchhaltung.

Konkretisierungen erfolgen durch Level 2-Maßnahmen und durch Rechtsverordnung.

4. Anzeige- und Meldepflichten

Kapitalverwaltungsgesellschaften haben gemäß § 34 Abs. 1 KAGB-E der BaFin alle wesentlichen Änderungen der Voraussetzungen für die Erlaubnis vor deren Umsetzung mitzuteilen. Die BaFin kann Änderungen ablehnen oder Beschränkungen vorschreiben.

Darüber hinaus sind gegenüber der BaFin u.a. unverzüglich folgende Umstände anzuzeigen (§ 34 Abs. 3 KAGB-E):

  • die Bestellung und das Ausscheiden von Geschäftsleitern,
  • die Übernahme oder Aufgabe von wesentlichen Beteiligungen,
  • die Änderung der Rechtsform oder der Firma,
  • die Absenkung der Eigenmittel unter die Mindestkapitalwerte,
  • die Verlegung des Sitzes oder einer Niederlassung.

Regelmäßige, jährliche Anzeigepflichten sieht § 34 Abs. 4 KAGB-E für (1) den Namen und die Anschrift der an der Kapitalverwaltungsgesellschaften bedeutend beteiligten Inhaber sowie die Höhe ihrer Beteiligung, (2) die Errichtung, Verlegung oder Schließung einer inländischen Zweigstelle und (3) die Begründung, Änderung oder die Beendigung einer engen Verbindung, vor.

AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften haben die BaFin gemäß § 35 KAGB-E regelmäßig über die wichtigsten Märkte und Instrumente der von ihr verwalteten AIF zu unterrichten. Zusätzlich sind der BaFin für jeden AIF gesondert folgende Informationen vorzulegen:

  • der prozentuale Anteil der Vermögensgegenstände des AIF, die schwer zu liquidieren sind und für die deshalb besondere Regelungen gelten,
  • jegliche neuen Vorkehrungen zum Liquiditätsmanagement des AIF,
  • das aktuelle Risikoprofil des AIF und die von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft eingesetzten Risikomanagementsysteme,
  • Angaben zu den wichtigsten Kategorien von Vermögensgegenstände, in die der AIF investiert hat und
  • die Ergebnisse der nach § 26 Abs. 3 Nr. 2 und § 27 Abs. 2 KAGB-E durchgeführten Stresstest.

AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die mindestens einen AIF verwalten, der in beträchtlichem Umfang Leverage einsetzt, haben weitergehende Meldepflichten gegenüber der BaFin zu erfüllen, die in § 35 Abs. 5 KAGB-E niedergelegt sind.

Weitere Unterlagen (Jahresbericht und Aufstellung sämtlicher von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwalteten AIF) können von der BaFin nur auf Verlangen angefordert werde (§ 35 Abs. 3 KAGB-E), wobei die BaFin jederzeit zusätzliche Meldepflichten festlegen kann.

Konkretisierungen sollen durch eine Level 2-Verordnung erfolgen.

5. Auslagerung von Aufgaben

Kapitalverwaltungsgesellschaften können grundsätzlich Aufgaben auf ein anderes Unternehmen auslagern, wenn unter anderem die nachfolgenden Bedingungen erfüllt sind (§ 36 Abs. 1 KAGB-E):

  • die Kapitalverwaltungsgesellschaft muss in der Lage sein, ihre gesamte Auslagerungsstruktur anhand von objektiven Gründen zu rechtfertigen,
  • das Auslagerungsunternehmen muss über ausreichende Ressourcen verfügen und das Personal muss zuverlässig sein und über ausreichende Erfahrungen verfügen,
  • Portfolioverwaltung und Risikomanagement dürfen nur auf Auslagerungsunternehmen ausgelagert werden, die dafür zugelassen sind und einer Aufsicht unterliegen oder wenn die Auslagerung zuvor von der BaFin genehmigt wurde, wobei die Auslagerung nicht auf die Verwahrstelle erfolgen darf,
  • die Kapitalverwaltungsgesellschaft muss darlegen können, dass das Auslagerungsunternehmen in der Lage ist, die ihm übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß wahrzunehmen und sorgfältig ausgewählt wurde,
  • die Kapitalverwaltungsgesellschaft muss in der Lage sein, die ausgelagerten Aufgaben jederzeit zu überwachen, sie hat sich insbesondere die erforderlichen Weisungsbefugnisse und Kündigungsrechte vertraglich zu sichern,
  • die Kapitalverwaltungsgesellschaft überprüft fortwährend die vom Auslagerungsunternehmen erbrachten Dienstleistungen.

Unter weiteren Bedingungen ist auch die Unterauslagerung möglich (§ 36 Abs. 6 KAGB-E).

Durch die Auslagerung kann sich die Kapitalverwaltungsgesellschaft ihrer Verantwortung nicht entziehen, sondern hat ein Verschulden des Auslagerungsunternehmens in gleichem Umfang wie eigenes Verschulden zu vertreten (§ 36 Abs. 4 KAGB-E). Aufgaben dürfen nur insoweit übertragen werden, als dies nicht dazu führt, dass die Kapitalverwaltungsgesellschaft zu einem Briefkastenunternehmen wird (§ 36 Abs. 5 KAGB-E).

6. Vergütungsregelungen für AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften

§ 37 KAGB-E sieht vor, dass AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften für Geschäftsleiter, Mitarbeiter, deren Tätigkeit wesentlichen Einfluss auf das Risikoprofil der Verwaltungsgesellschaft oder der verwalteten Investmentvermögen haben (Risikoträger), Mitarbeiter mit Kontrollfunktionen und alle Mitarbeiter, die sich auf derselben Einkommensstufe wie Geschäftsführer und Risikoträger befinden, ein Vergütungssystem festzulegen haben. Das Vergütungssystem muss mit einem soliden und wirksamen Risikomanagement vereinbar und diesem förderlich sein und darf keine Anreize zur Eingehung von Risiken setzen.

7. Rechnungslegung und Abschlussprüfung der externen Kapitalverwaltungsgesellschaft

Für den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Prüfungsbericht einer externen Kapitalverwaltungsgesellschaft gelten die §§ 340 a bis 340 o HGB entsprechend (§ 38 Abs. 1 KAGB-E). Danach sind der Jahresabschluss und der Lagebericht nach den Vorschriften für große Kapitalgesellschaften zu erstellen und die besonderen Rechnungslegungs- und Prüfungsvorschriften für Kreditinstitute zu beachten.

Bei der Prüfung des Jahresabschlusses hat der Abschlussprüfer auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der externen Kapitalverwaltungsgesellschaft und die Einhaltung der Verpflichtungen des Geldwäschegesetzes durch die externe Kapitalverwaltungsgesellschaft zu prüfen (§ 38 Abs. 3 KAGB-E).

8. Fazit

Die im KAGB-E vorgesehenen Anforderungen an die Verhaltens- und Organisationspflichten von Kapitalverwaltungsgesellschaften erinnern in vielen Punkten an die nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) geltenden Wohlverhaltenspflichten, die für Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 3 WpHG seit Umsetzung der MiFID zum 01.11.2007 gelten. Insofern kann hinsichtlich der praktischen Handhabung dieser Vorgaben auch auf Erfahrungswerte bei diesen Branchenteilnehmern zurückgegriffen werden.

Die organisatorischen Anforderungen, die durch das Kapitalanlagegesetzbuch für Verwalter offener und geschlossener Fonds eingeführt werden sollen werden insbesondere kleinere Anbieter und Emissionshäuser vor erhebliche Herausforderungen stellen. Die Erfüllung der geforderten Maßstäbe dürfte vielfach nicht ohne erhebliche Mehrkosten sicherzustellen sein. Für einige Marktteilnehmer, die sich rechtzeitig mit den neuen Vorgaben auseinandersetzen, kann hierin allerdings auch eine Chance liegen, sich von anderen Marktteilnehmern abzugrenzen.

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