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Die Verwahrstelle für Alternative Investmentfonds (AIF) nach dem Entwurf des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB-E)

Von 3. Oktober 2012August 3rd, 2020Keine Kommentare

Der im Diskussionsentwurf des Bundesfinanzministeriums für ein Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Umsetzungsgesetz) enthaltene Entwurf für ein Kapitalanlagesetzbuch (KAGB-E) sieht zur Umsetzung von Art. 21 der AIFM-Richtlinie (AIFM-RL) Regelungen vor, wonach für AIF künftig eine Verwahrstelle beauftragt werden muss. Während eine solche Verwahrstelle für OGAW bereits seit Jahren in Form der Depotbanken besteht, ist die Schaffung einer Verwahrstelle für AIF ein Novum, das in zahlreichen Aspekten jedoch in der Praxis bereits gelebt wird. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit den geplanten gesetzlichen Anforderungen an die Verwahrstelle.

1. Einstieg

Art. 21 AIFM-RL regelt auf europäischer Ebene die Anforderungen, die sich an AIFM hinsichtlich der Bestellung einer Verwahrstelle sowie an die Verwahrstelle selbst richten. Diese Vorgaben werden im Diskussionsentwurf unter §§ 76 ff. KAGB-E aufgegriffen.

Die Rolle der AIF-Verwahrstellen ähnelt von der Regelungssystematik her der einer Verwahrstelle für OGAW, jedoch werden die spezifischen Anforderungen eines AIF berücksichtigt. Dies wirkt sich insbesondere bei den Regelungen zu den verwahrbaren Vermögensgegenständen sowie bei der Kontrollfunktion aus.

2. Einzelne Regelungsinhalte

2.1. Beauftragung

Zunächst einmal regelt § 76 Abs. 1 KAGB-E, dass jede AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für jeden von ihr verwalteten AIF, sofern er in der EU vertrieben werden soll, eine Verwahrstelle zu bestimmen hat. Die Beauftragung hat durch einen schriftlichen Vertrag zu erfolgen, der jedenfalls den Informationsaustausch regeln muss, damit die Verwahrstelle ihre Funktionen wahrnehmen kann. Weitere Mindestinhalte werden im Rahmen der Level-2-Maßnahmen noch näher bestimmt werden.

Als Verwahrstelle kommen nach dem derzeitigen Entwurf (§ 76 Abs. 2 KAGB-E) lediglich folgende Einrichtungen in Frage:

  1. Kreditinstitute, die nach der Richtlinie 2006/48/EG zugelassen sind, oder
  2. Wertpapierfirmen, die näher bestimmte Anforderungen an Eigenkapital und Eigenmittel erfüllen müssen und die nach den Vorgaben der MiFID zugelassen sind und auch Nebendienstleistungen wie Verwahrung und Verwaltung von Finanzinstrumenten für Rechnung von Kunden erbringen dürfen, oder
  3. eine andere Kategorie von Einrichtungen, die einer Beaufsichtigung und ständigen Überwachung unterliegen und die am 21. Juli 2011 unter eine der von den Mitgliedstaaten festgelegten Kategorien von Einrichtungen fallen, aus denen eine Verwahrstelle gewählt werden kann.

Voraussetzung ist in den beiden erstgenannten Fällen ferner, dass die Verwahrstelle ihren satzungsmäßigen Sitz in der Europäischen Union haben muss. Im letztgenannten Fall besteht im Einzelfall Klärungsbedarf, welche Einrichtungen hierunter fallen sollen, da die Auswahl den Mitgliedsstaaten überlassen ist.

Zu beachten ist außerdem, dass die Verwahrstelle bei inländischen AIF und bei EU-AIF ihren Sitz oder eine Zweigniederlassung in dem Staat haben muss, in dem der AIF angesiedelt ist. Verwahrstellen mit satzungsmäßigem Sitz in einem Drittstaat unterliegen gesonderten Anforderungen (§ 76 Abs. 6 KAGB-E) und kommen für inländische AIF und EU-AIF nicht in Betracht.

Von der durch die AIFM-RL vorgesehenen Möglichkeit, die Verwahrstellenfunktion weiteren Berufsgruppen (z. B. Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer) zu übertragen, ist mit dem KAGB-E kein Gebrauch gemacht worden.

Soweit nicht bereits eine Erlaubnis für das Depotgeschäft vorliegt, muss die Verwahrstelle über eine Erlaubnis für den mit dem Umsetzungsgesetz in § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 12 KWG-E neu eingeführten Tatbestand des eingeschränkten Verwahrgeschäftes verfügen. Zu beachten ist dabei, dass nach § 32 Abs. 1b KWG-E eine Erlaubnis für mindestens eine weitere Finanzdienstleistung oder zum Betreiben eines Bankgeschäfts vorliegen muss. Soll zudem für Rechnung des AIF bei der Verwahrstelle ein Geldkonto geführt werden, ist zusätzlich eine Erlaubnis für das Einlagengeschäft (§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG) erforderlich.

2.2. Aufgaben der Verwahrstelle

Neben der reinen Verwahrtätigkeit (§ 77 KAGB-E) – die unter gewissen Bedingungen auf einen Unterverwahrer übertragen werden kann – hat die Verwahrstelle noch weitere Aufgaben zu erfüllen, namentlich die Kontrollfunktion (§ 79 KAGB-E), die durch einen Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ergänzt wird (§ 80 KAGB-E).

2.2.1. Verwahrung

2.2.1.1. Inhalt der Verwahrtätigkeit

Gegenstand der Verwahrung sind die verwahrfähigen Finanzinstrumente sowie die sonstigen Vermögensgegenstände, in die der AIF investiert.
Bei verwahrfähigen Finanzinstrumenten entspricht dies der Depot- bzw. Kontoführung bzw. der Verwahrung von Finanzinstrumenten, die physisch übergeben werden können.

Bei sonstigen Vermögensgegenständen hat die Verwahrstelle die Eigentumsverhältnisse zu prüfen und Aufzeichnungen über die Vermögensgegenstände zu führen, bei denen die Verwahrstelle zum Ergebnis gekommen ist, dass der AIF bzw. die für Rechnung des AIF handelnde AIF-Verwaltungsgesellschaft Eigentümerin ist. Bei ihrer Beurteilung kann sich die Verwahrstelle auf Informationen oder Unterlagen stützen, die ihr vom AIF bzw. der AIF-Verwaltungsgesellschaft vorgelegt werden, muss jedoch auch verfügbare externe Nachweise heranziehen. Die Aufzeichnungen der Verwahrstelle sind jeweils auf dem neuesten Stand zu halten.

Nähere Bedingungen für die Ausübung der Verwahrung sollen noch durch Level-2-Maßnahmen bestimmt werden.

2.2.1.2. Unterverwahrer

Die Verwahrstelle kann unter den in § 78 Abs. 1 KAGB-E genannten Anforderungen ihre Verwahrungsaufgaben auf einen Unterverwahrer „auslagern“. Dies wird durch die Vorgabe in § 78 Abs. 4 KAGB-E beschränkt, wonach andere als die in § 77 KAGB-E umrissenen Verwahrungsaufgaben nicht auf den Unterverwahrer „ausgelagert“ werden dürfen. Der Begriff der Auslagerung ist dabei missverständlich gewählt, da es sich hierbei wohl nicht um eine Auslagerung im Sinne von § 25a Abs. 2 KWG handelt. Dies bedarf unseres Erachtens noch der Klarstellung. Zudem begegnet diese Einschränkung Bedenken, da sie streng genommen auch reine Verwaltungs- und Organisationstätigkeiten umfassen würde, die ebenfalls nicht in § 77 KAGB-E genannt sind.

Eine Unterverwahrung ist nur unter den in § 78 Abs. 1 KAGB-E genannten Voraussetzungen zulässig. Hierzu zählt, dass für eine Unterverwahrung ein objektiver Grund bestehen muss. Da dieser nicht näher definiert ist, wird man auf die Interessen der Anleger abstellen müssen.

Um sicherzustellen, dass der Unterverwahrer die weiteren Anforderungen, insbesondere diejenigen nach § 78 Abs. 1 Nr. 4 KAGB-E, erfüllt, sollte – auch wenn dies nicht explizit vorgeschrieben ist – ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen werden, insbesondere um in den Genuss der Exkulpation nach § 84 Abs. 4 KAGB-E kommen zu können.

2.2.2. Kontrollfunktion

Die Verwahrstelle hat nach § 79 Abs. 1 KAGB-E insbesondere eine Kontrolle darüber auszuüben, dass

  • die Ausgabe und Rücknahme sowie die Ermittlung des Wertes von Anteilen oder Aktien des AIF dem KAGB-E, den Anlagebedingungen sowie der Satzung bzw. dem Gesellschaftsvertrag des AIF entsprechen,
  • der Gegenwert aus den für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger getätigten Geschäften rechtzeitig an den AIF überwiesen wird, und
  • die Erträge des AIF entsprechend dem KAGB-E, den Anlagebedingungen sowie der Satzung bzw. dem Gesellschaftsvertrag des AIF verwendet werden.

Weisungen der AIF-Verwaltungsgesellschaft muss die Verwahrstelle grundsätzlich ausführen, dabei jedoch prüfen, dass diese nicht gegen gesetzliche Vorschriften und die Anlagebedingungen verstoßen. Gegebenenfalls hat die Verwahrstelle die Ausführung sonst abzulehnen.

Ferner hat die Verwahrstelle die Überwachung der Zahlungsströme des AIF sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass die Anleger die von ihnen gezeichneten Beteiligungssummen leisten.

Die Kontrollfunktion wird ergänzt durch einen Katalog von Geschäften, für deren Durchführung die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft der Zustimmung der Verwahrstelle bedarf (§ 80 Abs. 1 KAGB-E). Hierzu hat die Verwahrstelle zu prüfen, ob die von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft beabsichtigten Geschäfte den Anforderungen des KAGB-E sowie den Anlagebedingungen des AIF entsprechen. Eine fehlende Zustimmung führt jedoch lediglich im Verhältnis zu den Anlegern zu einer Unwirksamkeit der Verfügung.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Inhalte der Kontrollfunktion weitgehend der Position eines Mittelverwendungskontrolleurs entsprechen.

2.3. Organisatorische Anforderungen

Verwahrstellen haben organisatorische Vorkehrungen zu treffen, insbesondere um Interessenkonflikte zu vermeiden bzw. zu steuern und um eine effektive Aufsicht zu ermöglichen.

2.3.1. Vermeidung und Offenlegung von Interessenkollisionen

§ 81 enthält Vorgaben dazu, wie Interessenkonflikte vermieden bzw. kontrolliert werden.

Die Verwahrstelle hat im Interesse des AIF und seiner Anleger zu handeln. Aufgaben, die Interessenkonflikte zwischen dem AIF und seinen Anlegern, der AIF-Verwaltungsgesellschaft und der Verwahrstelle begründen können, darf die Verwahrstelle nicht wahrnehmen, es sei denn, dass die Verwahrstelle eine funktionale und hierarchische Trennung dieser Aufgaben vorgenommen hat, die potentielle Interessenkonflikte ordnungsgemäß ermittelt, steuert und beobachtet und diese den Anlegern des AIF gegenüber offen legt. Zudem hat die Verwahrstelle Vorkehrungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten zu treffen. Hierzu gehört die Schaffung einer Compliance-Stelle, die diese Vorgaben überwacht.

Die verwahrten Vermögensgegenstände dürfen von der Verwahrstelle grundsätzlich nicht wieder verwendet werden. Bei Spezial-AIF gilt dies nicht, wenn der Spezial-AIF oder die für seine Rechnung tätige AIF-Verwaltungsgesellschaft der Wiederverwendung zustimmt. Bei Publikums-AIF gilt das Verbot der Wiederverwendung selbst dann, wenn eine Zustimmung vorliegen sollte.

§ 81 Abs. 4 Nr. 1 KAGB-E bestimmt zur Vermeidung von Interessenkonflikten, dass eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht gleichzeitig die Aufgaben einer Verwahrstelle wahrnehmen darf. Ferner dürfen nach § 81 Abs. 5 KAGB-E die Geschäftsleiter, Prokuristen und die zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigten Handlungsbevollmächtigten der Verwahrstelle nicht gleichzeitig Angestellte der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft sein, und umgekehrt.

2.3.2. Aufsicht durch die BaFin

Die Verwahrstellen sollen verpflichtet werden, der BaFin auf Anfrage umfangreich Auskunft zu erteilen über einen von der Verwahrstelle betreuten AIF oder die AIF-Verwaltungsgesellschaft.

Für Publikums-AIF gehen die aufsichtsrechtlichen Eingriffsbefugnisse hinsichtlich der Verwahrstelle noch weiter. Hier muss die Bafin der Auswahl bzw. einem Wechsel der Verwahrstelle zustimmen. Zudem kann die BaFin jederzeit einen Wechsel der Verwahrstelle anordnen, insbesondere wenn die Verwahrstelle ihren Verpflichtungen nicht nachkommt.

2.4. Haftungsregime

Schließlich enthält das KAGB-E in §§ 84, 85 weitgehende Regelungen dazu, wie die Verwahrstelle gegenüber dem AIF und seinen Anlegern haftet, sowie unter welchen Voraussetzungen die Verwahrstelle selbst verpflichtet ist, Ansprüche und Rechte der Anleger geltend zu machen.

2.4.1. Haftung

Dabei bestimmt § 84 Abs. 1 KAGB-E zunächst, dass die Verwahrstelle gegenüber dem AIF bzw. den Anlegern des AIF für das Abhandenkommen von Vermögensgegenständen durch sie selbst oder durch den Unterverwahrer verschuldensunabhängig haftet, es sei denn, dass das Abhandenkommen unabwendbar war.

Für sonstige Pflichtverletzungen der Verwahrstelle wird mit § 84 Abs. 2 KAGB-E eine verschuldensabhängige gesetzliche Haftungsgrundlage normiert. Auch diese Ansprüche können vom AIF bzw. seinen Anlegern geltend gemacht werden. Die Verwahrstelle muss sich dabei ein Verschulden des Unterverwahrers wie eigenes Verschulden zurechnen lassen. Bei Finanzinstrumenten, die von einem Unterverwahrer verwahrt werden, bestehen jedoch Exkulpationsmöglichkeiten.

Ansprüche gegen die Verwahrstelle können dabei nicht nur von den Anlegern, sondern in deren Namen auch durch die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft geltend gemacht werden.

Die nähere Ausgestaltung dieses Haftungsregimes soll wiederum durch Level-2-Maßnahmen geregelt werden.

2.4.2. Geltendmachung von Ansprüchen

Die Verwahrstelle ist insbesondere berechtigt, aber gleichzeitig auch verpflichtet,

  • im eigenen Namen Ansprüche der Anleger gegen die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft geltend zu machen, sofern die Ansprüche aus einer Verletzung des KAGB-E oder der Anlagebedingungen herrühren, und
  • bei zustimmungspflichtigen Verfügungen, die ohne erforderliche Zustimmung der Verwahrstelle vorgenommen wurden, Rechte der Anleger gegenüber dem Erwerber geltend zu machen.

Hieraus resultiert unseres Erachtens die Verpflichtung, die Geschäftstätigkeit des AIF und der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zu überwachen und insbesondere bekannt werdenden Verstößen bzw. Anhaltspunkten hierfür nachzugehen. Andernfalls macht sich die Verwahrstelle gegenüber dem AIF bzw. seinen Anlegern ggf. selbst schadensersatzpflichtig.

3. Fazit

Auch wenn mit dem vorliegenden KAGB-E die Eckpunkte des neuen Geschäftsfelds der AIF-Verwahrstellen aufgezeigt werden, besteht an vielen Stellen noch Klarstellungsbedarf. Die Neuregelungen erfordern nicht nur bei den künftigen Verwahrstellen, sondern auch bei den AIF und ihren Verwaltungsgesellschaften erheblichen Umsetzungsbedarf. Bis zur Umsetzung zum 22. Juli 2013 verbleibt dabei nicht mehr allzu viel Zeit. Es steht daher zu hoffen, dass während des laufenden Gesetzgebungsverfahrens weiter Klarheit geschaffen wird, in welche Richtung die offenen Fragen gelöst werden, nicht zuletzt durch Konkretisierung der Vorgaben, welche Inhalte die Verwahrverträge aufweisen müssen.

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