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Sachkundeprüfung, Berufshaftpflichtversicherung, Beratungsprotokoll, Produktinformationen, Offenlegung von Zuwendungen – der neue Rechtsrahmen für den Vertrieb von Vermögensanlagen

Von 23. Juni 2011August 3rd, 2020Keine Kommentare

Das Bundeswirtschaftsministerium hat einen Diskussionsentwurf einer Verordnung für die konkrete Ausgestaltung der Regulierung der Vermittlung geschlossener Fonds und sonstiger Vermögensanlagen veröffentlicht. Die „Verordnung zur Einführung einer Finanzanlagenvermittlungsverordnung“ soll das geplante „Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts“ und die darin vorgesehenen Regulierungen des so genannten grauen Kapitalmarkts über Neuregelungen in der Gewerbeordnung in wichtigen Aspekten konkretisieren.

Aus dem nunmehr vorliegenden Diskussionsentwurf lassen sich folgende (vorläufige) Erkenntnisse gewinnen:

1. Sachkundeprüfung

Die gemäß § 34f GewO-E geforderte Sachkundeprüfung soll aus einem schriftlichen und einem praktischen Teil bestehen und von den Industrie- und Handelskammern abgenommen werden. Gegenstand der Prüfungen sollen allgemeine Fragen hinsichtlich der Kundenberatung (Bedarfsermittlung, Kundenprofile, Produktdarstellung u. a.), sowie praktische Kenntnisse, insbesondere über rechtliche und steuerliche Grundlagen hinsichtlich der einzelnen Finanzanlagen sein.

Ausnahmen von der Pflicht zur Erbringung des Sachkundenachweises sollen für Inhaber bestimmter Berufsqualifikationen gelten. Hierzu gehören etwa Betriebswirte (Universität oder gleichwertig) der Fachrichtung Bank, Versicherungen und Finanzdienstleistungen, Bankfachwirte (IHK), Bank-/Sparkassenkaufleute. Für weitere Berufsqualifikationen sollen dergestalt Erleichterungen gelten, dass eine zusätzliche nachgewiesene ein- bzw. zweijährige einschlägige Berufserfahrung ebenfalls von der Pflicht zur Erbringung des Sachkundenachweises befreit. Eine Ausnahmeregelung für so genannte „Alte Hasen“, also Inhaber einer Erlaubnis gemäß 34c GewO mit jahrelanger Erfahrung sieht der Diskussionsentwurf der Verordnung nicht vor.

2. Vermittlerregister

Im Rahmen des nach § 11a Abs. 7 GewO-E künftig auch für Vermittler und Berater von Finanzanlagen zu führenden Registers sollen neben Angaben zum Unternehmen und der Erlaubnis insbesondere der Name und das Geburtsdatum der Vermittlers/Beraters erfasst werden.

3. Berufshaftpflichtversicherung

Unter Verweis auf die Regelung für Versicherungsvermittler i. S. d. § 34d GewO werden künftig auch Vermittler von Finanzanlagen mit einer Erlaubnis nach § 34f GewO-E verpflichtend eine Berufshaftpflichtversicherung mit einer Mindestversicherungssumme von derzeit 1.130.000,00 Euro für jeden Versicherungsfall und 1.700.000,00 Euro für alle Versicherungsfälle eines Jahres vorhalten müssen.

4. Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten

Im Bereich der Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten lehnt sich der Diskussionsentwurf – den Vorgaben in § 34g GewO-E folgend – stark an die Formulierungen und Anforderungen des 6. Abschnitts des Wertpapierhandelsgesetzes und der Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WpDVerOV) an. Insoweit wird künftig auch bei der Vermittlung von geschlossenen Fonds und sonstigen Vermögensanlagen u. a. die Verwendung eines festgelegten Anforderungen genügenden Beratungsprotokolls und der Einsatz sog. Produktinformationsblätter verpflichtend. Außerdem werden strenge Anforderungen an Informations- und Werbematerialien beachtet und Zuwendungen offen gelegt werden müssen.

5. Inkrafttreten und Übergangsfrist

Das „Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts“ soll im Herbst 2011 im Bundestag endgültig verabschiedet werden. Die Änderungen der Gewerbeordnung sollen dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zufolge jedoch erst ein Jahr später Geltung erlangen. Für den Nachweis der Sachkunde ergibt sich unter Berücksichtigung der geplanten Regelung in § 157 Abs. 3 GewO-E eine Übergangsfrist von ca. drei Jahren.

6. Stellungnahme

Der Diskussionsentwurf zeigt, dass der Verordnungsgeber ein einheitliches Schutzniveau für den Vertrieb von Anlageprodukten erreichen möchte.

Für Vertriebe, die bislang über eine Erlaubnis nach § 34c GewO verfügen, bedeutet das „Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts“ und die durch den „Diskussionsentwurf für eine Verordnung zur Einführung einer Finanzanlagenvermittlungsverordnung“ angestrebte Konkretisierung einen erheblichen Mehraufwand mit zahlreichen und gravierenden neuen Haftungsrisiken. Die bestehenden Vertrags- und Informationsunterlagen sind an diese Veränderungen zwingend anzupassen.

Sie haben Fragen oder Anmerkungen? Bitte kontaktieren Sie uns. Ansprechpartner sind alle Anwälte der Kanzlei; Verfasser dieses Beitrags ist RA Dr. Philipp Hendel.